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«Ich lasse alle rein»:Bei Polizeikontrolle flippt eine Skeptikerin völlig aus

«Ich bin Italienerin, ich bin temperamentvoll!»
Jetzt redet die wütende Wirtin aus dem Säuliamt

Als die Polizei die Einhaltung der Zertifikatspflicht einer Wirtin im Zürcher Säuliamt kontrollieren will, wird diese aggressiv. Warum ist sie so ausgerastet? Blick hat die Wirtin zum Gespräch getroffen.
Publiziert: 30.09.2021 um 20:41 Uhr
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Aktualisiert: 01.10.2021 um 09:18 Uhr
Michael Sahli

Wirtin Andrea F.* aus dem Zürcher Säuliamt hat es zünftig den Deckel gelupft, als zwei Polizisten kontrollierten, ob in ihrem Restaurant die Corona-Massnahmen umgesetzt werden. Ein Video der lautstarken Begegnung ging diese Woche viral.

Die Wirtin schreit im Video: «Ich habe genug! Nehmen Sie mich mit!» Und: «Ich lasse alle ins Restaurant!» Die Polizisten lehnen ab. Stattdessen erklärt einer der beiden der Frau, sie müsse 50 Prozent ihres Zelts im Garten öffnen, dann dürfe sie auch Gäste ohne Zertifikat bedienen. Und: Dass auch andere Betriebe die Zertifikatspflicht umsetzen, und dort funktioniere das ja auch. Das Video bricht ab, bevor zu sehen ist, wie die Sache endet.

Die Geschichte hinter dem Ausraster

Blick hat die wütende Wirtin in ihrem Zelt zum Gespräch getroffen und wollte von ihr wissen: Welche Geschichte steckt hinter dem viralen Sechs-Minuten-Clip?

Eine Polizeikontrolle in einem Zürcher Restaurant wurde gefilmt.
Foto: Screenshot Telegram
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Bei Espresso und Zigaretten erklärt sich Andrea F., diesmal ganz ruhig: «Ich weiss, dass ich bei der Kontrolle emotional reagiert habe. Aber ich bin Italienerin, ich bin temperamentvoll!» Seitdem das Video publik wurde, habe sie einige Dutzend Reaktionen bekommen – teils negativ, teils positiv.

Hintergrund des Ausrasters sei, dass sie innert zwei Wochen bereits zum dritten Mal kontrolliert worden ist. «Einer der beiden Polizisten im Video war sehr respektlos. Und das habe ich mir in diesem Moment einfach nicht bieten lassen.» Der Stress in der Gastronomie sei durch Corona hoch gewesen. Und: Sie habe Umsatzeinbussen hinnehmen müssen. «Viele Wirte kämpfen um ihr Überleben.»

«Ich habe selber Corona gehabt»

Eine Corona-Leugnerin sei sie nicht, so F. weiter. «Ich habe selber Corona gehabt. Und ich habe eigentlich bisher auch bei allen Massnahmen mitgemacht, habe sogar Seite für Seite von meiner Menükarte desinfiziert.»

Aber: Als die Zertifikatspflicht eingeführt wurde, sei für sie eine rote Linie überschritten worden. «Als ich einen Gast wegschicken musste, merkte ich: Das stimmt für mich so nicht. Ich will niemanden ausgrenzen. Alle Menschen sind gleich!»

Daraufhin stellte sie ein Zelt in den Garten. «Heimat für Menschen ‹zweiter Klasse›», steht auf einem Plakat. Die Idee war, dass hier Ungeimpfte sitzen können. Nur: Einer Kontrolle hielt das Konzept eben nicht stand.

Aussprache mit Polizei

Das soll sich nun ändern. Am Mittwoch fand ein zweites Gespräch zwischen Andrea F. und Polizei statt. Diesmal respektvoll, sagt die Wirtin. Und mit kühlem Kopf gibt es vielleicht sogar ein versöhnliches Ende: «Ich denke, es gibt schon Möglichkeiten, mit denen ich leben kann, auch, wenn ich noch immer kein Fan des Zertifikats bin. Wir organisieren uns jetzt so, dass auch die beiden Polizisten bald wieder zum Kaffee kommen können. Ohne Beanstandungen.»

Ob die Beamten die Einladung zum Kaffee annehmen, bleibt offen. Zumindest die nächste Kontrolle dürfte nicht lange auf sich warten lassen. Die Kapo Zürich sagt dazu nur: «Die Kantonspolizei Zürich steht mit der Wirtin im Kontakt.»

*Name geändert

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