«Das ist Abzocke»
Zürcher Auto-Firma verlangt pro Busse 50 Franken obendrauf

Leser Joel B. ärgert sich gleich doppelt über seine Bussen, die er kassiert. Er hat über die Zürcher Firma Carify einen Skoda Octavia abonniert. Und bei jeder Busse schlägt das Unternehmen Extra-Kosten obendrauf. Ist das überhaupt erlaubt?
Publiziert: 17.07.2024 um 19:20 Uhr
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Aktualisiert: 18.07.2024 um 11:39 Uhr
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Johannes HilligRedaktor News

Eigentlich war Joel B. (30) aus Basel mit seinem Abo bei Carify zufrieden. Er fährt einen Skoda Kodiaq und bezahlt dafür 965 Franken im Monat. Alles wunderbar. «Doch dann kamen innert kurzer Zeit mehrere Bussen zusammen. Falsch parkiert, zu schnell gefahren», sagt Joel B. zu Blick. Ärgerlich, aber nicht weiter schlimm, denkt sich der 30-Jährige. Doch dann bekommt er Post von Carify. Darin heisst es: «Generell gilt für Bussen, die wir in Ihrem Namen erhalten, dass wir eine Bearbeitungsgebühr von 50 Franken erheben.»

Bei den ersten drei Bussen gibt es allerdings Rabatt. 25 Franken statt 50 Franken. Nichtsdestotrotz. Joel B. ist sauer. «Das ist doch Abzocke. So verdient Carify noch an den Bussen mit», schimpft er. Die Begründung für die Kosten erklärt Carify in dem Schreiben. Aufwandsentschädigung. Joel B. will es genauer wissen und fragt nach.

Die Antwort: «Ich verstehe, dass es frustrierend ist, eine Busse zu erhalten. Allerdings müssen wir von Carify aus diese Busse bearbeiten, wenn wir sie erhalten. Den richtigen Kunden finden, prüfen, ob sie für die Dauer Ihres Abos gilt, die Behörden bzw. Sie informieren usw. Das erfordert Zeit und Aufwand, daher haben wir vertraglich eine Gebühr für die Bearbeitung dieser Bussen festgelegt, und wir dürfen auch Ihre Kreditkarte damit sowieso belasten.»

Eine Busse am Auto. Das kostet nicht nur Nerven, sondern auch Geld. Wer ein Auto im Abo-Modell hat, riskiert dazu auch noch weitere Kosten. (Symbolbild)
Foto: PIUS KOLLER
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Eine solche Bussen-Praxis ist Standard

Es stimmt: In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGBs) taucht diese Aufwandsentschädigung auf. Unter dem Punkt «Operative Kosten» heisst es: «Bussenbearbeitung: 50 CHF / Busse». Joel B. ist trotzdem enttäuscht. Besonders, weil andere Auto-Abo-Anbieter nicht solche Gebühren verlangen. Den Mehraufwand versteht er ohnehin nicht. «Die leiten doch nur meine Daten weiter. Das sind maximal ein paar Klicks.» Und in vielen Fällen sei die Gebühr bei Carify für die Busse höher als die Busse selbst. «Das ist doch Irrsinn.»

Auf Anfrage von Blick erklärt Carify-CEO Sergio Studer: «Der administrative Aufwand ist in den meisten Fällen unabhängig von der Höhe der Busse. Entscheidend ist, von wo die Busse kommt und wie das Meldeverfahren der Polizei gestaltet ist. Die wenigsten Bussen betragen nur 20 Franken und in vielen Fällen sehen wir im Alltag bei einer Busse von 20 Franken auch von der Verrechnung der Gebühr ab.» Ausserdem sei eine solche Bussen-Praxis Standard in der Branche. 

Nicht nur Carify, sondern auch die Konkurrenz verlange eine Aufwandsentschädigung pro Busse. So zum Beispiel Sixt+ (40 Franken), Upton (50 Franken) oder Carvolution (40 Franken). Die 40 Franken stehen zwar in den AGB's, würden aber kaum umgesetzt, erklärt Léa Miggiano von Carvolution. «In der Praxis verrechnen wir keine Kosten für die Busenbearbeitung. Wir füllen das Formular der Polizei aus, damit die Polizei die Busse in Anschluss selber unseren Kundinnen und Kunden zustellt. Wir halten uns also im Hintergrund, appellieren aber an einen rücksichtsvollen Umgang im Strassenverkehr.»

«Wir sind nicht berechtigt, das Bezahlen der Busse zu übernehmen»

Sergio Studer erklärt, dass er verstehe, dass Kunden mal eine Busse bekommen. Darum werden die ersten drei Bussen innert eines Jahres auch nur mit 25 Franken verrechnet oder sogar ganz erlassen. Das Unternehmen hat aber Kosten durch die Bearbeitung, die gedeckt werden müssen. «Wir als Anbieterin sind nicht berechtigt, das Bezahlen der Busse für die Kunden zu übernehmen, da wir den Kunden das Recht, die Busse anzufechten, nicht nehmen dürfen. Aus diesem Grund müssen wir die persönlichen Daten der Kunden an die Polizei weiterleiten. Dies oftmals über mehrseitige Formulare per Brief oder per Online-Formular.»

Wenn der Kunde dann nicht zahlt, kommt eine Mahnung plus Gebühren auf Carify zu, da die Firma als Fahrzeug-Halter eingetragen ist. Und so kommt es zu weiteren Kosten und Aufwand.

Gebühren für die Bussenbearbeitung zu verlangen, ist legal. Das bestätigt der Touring Club Schweiz (TCS) auf Anfrage. Um keine böse Überraschung zu erleben, rät TCS-Sprecher Marco Wölfli dazu, «vor Abschluss eines Auto-Abos die Angebote der verschiedenen Anbieter zu vergleichen. Dafür kann man beispielsweise das Vergleichsportal des TCS nützen.»


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