Hasch-Mami erschoss sich bei Razzia in Malters LU, Sohn zieht vor Gericht
Dieser Grossdealer verklagt die Polizei!

Bisher war nicht bekannt, wer der mutmassliche Hanf-Grossdealer ist, dessen Mutter (65) sich vor drei Wochen bei einer Razzia in Malters LU erschossen hatte. Jetzt hat BLICK die Spur aufgenommen. Und deckt nun die Machenschaften von Daniel O.* auf.
Publiziert: 30.03.2016 um 18:45 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 09:05 Uhr
Ralph Donghi und Beat Michel

Er grinst, als hätte er gerade erfolgreich etwas abgeliefert. Doch geliefert ist der Mann jetzt selbst. BLICK weiss: Daniel O.* wurde wegen mutmasslichen Anbaus und Handels von Hanf verhaftet. Seine Mutter Ursula R.* hat sich bei einer Razzia der Polizei in Malters LU vor rund drei Wochen erschossen (BLICK berichtete).

«Wir haben hier gar nicht gewusst, dass Daniel verhaftet wurde», sagt heute eine geschockte Nachbarin von Ursula R.s letzter Adresse im Aargau, wo Daniel O. oft aufkreuzte. «Er war immer so nett.»

«Alle wussten: Sie war schizophren»

Nicht so nett sei seine Mutter gewesen. «Nachdem Ursula nicht mehr Fahrlehrerin war und die Scheidung kam, spinnte sie öfter», so die Nachbarin. «Alle wussten: Sie war schizophren.» Sie sei schon zwei Mal in eine Klinik eingeliefert worden. «Sie kam wieder raus. Wohin sie dann ging, wissen wir nicht. Daniel jedenfalls wurde ihr Vormund.»

Die Frau, wegen der die Polizei in Malters während Stunden ein Haus hat umstellen müssen, ist tot.
Foto: Keystone/ALEXANDRA WEY

Pikant: Wegen Ursula R. musste laut Anwohnern schon im Aargau zwei Mal die Polizei kommen - einmal sogar die Sondereinheit «Argus». Später seien bei ihr im Keller Waffen gefunden worden. «Es waren auch mal zwei komische Typen hier, die nach ihr fragten. Vielleicht hatte sie die Waffen zum Schutz.»

Der Sohn war offiziell im Kurier-Geschäft

Sicher ist: Daniel O. wurde Anfang März verhaftet. Die Polizei kreuzte an einem Ort im Aargau und bei seinem Kurier-Geschäft im Kanton Zürich auf. Dort trugen die Beamten laut Zeugen «Teile einer Hanfplantage» aus dem dritten Stock. Es habe im Gang seit Jahren nach Hanf gerochen, so eine Angestellte einer anderen Firma: «Wir dachten, die Kuriere kiffen im Treppenhaus.»

Im ersten Stock liefen heute die normalen Kurierdienste. Sie hätten nichts mit den Drogen zu tun, sagt ein Angestellter. Die Türe im dritten Stock bleibt versiegelt.

Am 8. März musste im Auftrag der Zürcher Ermittler auch die Luzerner Polizei ausrücken. Zu einem Haus in Malters LU. Doch Daniel O.s Mutter liess sie nicht rein. Sie drohte, auf Polizisten und sich zu schiessen. Sie schoss einmal in der Wohnung und einmal aus dem Fenster.

Als die Verhandlungen scheiterten, stürmte die Polizei nach 17 Stunden die Wohnung - ohne einen Schuss abzugeben.

Mutter tötete das Büsi, dann sich selbst

Ursula R. erschoss mit einem Revolver zuerst ihr Büsi und dann sich selbst. Im zweiten Stock fand die Polizei eine mittelgrosse Indoor-Hanfplantage. Heute bestätigte Muriel Tièche von der Zürcher Staatsanwaltschaft gegenüber BLICK, dass in Malters mehrere Waffen sichergestellt wurden.

«Ursula war schon immer eine tickende Zeitbombe und viele hatten Angst vor ihr», sagt eine Kollegin offen. «Die Luzerner Polizei hat sicher ihr Bestmöglichstes gemacht.»

Anzeige wegen fahrlässiger Tötung

Das sieht der Anwalt von Ursula R.s Sohn anders. Er hat die Einsatzverantwortlichen angezeigt. Wegen Amtsmissbrauch und fahrlässiger Tötung. Die Untersuchung führt ein Staatsanwalt aus dem Aargau.

Gestern Abend folgte gar ein konkreter Vorwurf in der «Rundschau» auf SRF: Die Sondereinheit «Luchs» der Luzerner Polizei habe die Wohnung gestürmt, obwohl Ursula R.s Anwalt Flurin von Planta einen Polizei-Offizier über die psychische Erkrankung seiner Mandantin informiert habe.

Der «Rundschau» lagen Audiomitschnitte dieses Gesprächs vor: Darauf ist zu hören, wie die Frau auch gegenüber ihrem Anwalt eindringlich mit Suizid droht.

Die Mutter fühle sich vom massiven Polizeiaufgebot in die Enge getrieben und habe Angst vor einer Internierung, sagt sie in den Aufnahmen.

«Warum liess er seine kranke Mutter mit Waffen zurück?»

Der Luzerner Justiz- und Sicherheitsdirektor Paul Winiker (SVP) wehrte sich in der Sendung gegen eine Vorverurteilung des Polizeikommandanten Adi Achermann. Er rechtfertigte den Einsatz. «Die Frau hat mit einer Waffe die Polizisten bedroht. Diese haben ihr Leben riskiert.»

Nachdem die Frau auch nach Verhandlungen von 17 Stunden nicht zur Aufgabe gebracht werden konnte, habe sich die Polizei entschieden einzugreifen.

Auf den Vorwurf des Sohns, die Polizei habe von der psychischen Krankheit der Frau gewusst, entgegnete Winiker: «Wenn er ein fürsorglicher Sohn ist: Warum lässt er denn seine psychisch kranke Mutter mit gefährlichen Waffen alleine in einem Haus?»

Winiker wies darauf hin, dass es sich um einen Einsatz gegen die organisierte Kriminalität gehandelt habe. «Wir haben nicht nur ein paar Hanfpflänzchen gefunden, sondern eine ganze Plantage sowie Waffen.»

* Namen der Redaktion bekannt

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