Wegen der Pandemie
Stadt Bern hat zu wenig Kita-Kinder

Den städtischen Kitas in Bern fehlen seit der Pandemie die Kinder. Deshalb setzen sie nun auf zusätzliche Betreuungsangebote – und hoffen auf den neuen Kinderboom.
Publiziert: 15.05.2022 um 11:48 Uhr
Camille Kündig

Darina Hürlimann bietet neu einen Begleitservice an. Ihre Kunden: Mädchen und Buben zwischen drei Monaten und sechs Jahren. Die Inhaberin der Matahari-Kitas in Bern konnte seit Ende der Covid-Krise noch nicht richtig aufatmen: «Wir haben so wenige Neuanmeldungen wie noch nie.» Der Kita mangelt es an Kids. Ein Bring- und Holservice der Kleinen soll das Betreuungsangebot für die Eltern nun attraktiver machen.

Auch den städtischen Kitas in Bern fehlen die Kinder. Ausserdem seien die Betreuungspensen durchschnittlich gesunken, sagt Alex Haller, Leiter Familie & Quartier Stadt Bern. «Während der Pandemie traten ausserordentlich viele Kinder aus, gleichzeitig konnten Aufnahmen wegen der Einschränkungen nur begrenzt durchgeführt werden. Zum anderen haben sich Eltern während der Pandemie anders organisiert, möglicherweise durch familiäre und nachbarschaftliche Netzwerke.» Ein weiterer Grund dürfte sein, dass mehr Kinder beim Eintritt in den Kindergarten in die Tagesschule übertreten, während früher die allermeisten auch während der Kindergartenzeit in den Kitas verblieben.

Kitas als Virenschleudern in Verruf

Während der Pandemie traten ausserordentlich viele Kinder aus, gleichzeitig konnten Aufnahmen wegen der Einschränkungen nur begrenzt durchgeführt werden.
Foto: Keystone
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Die Konsequenz: Die Auslastung entwickelte sich negativ, die Kitas der Stadt Bern plagen Geldnöte. Im April 2022 waren 451 von 505 Plätzen besetzt. Derzeit werden zwei nahe beieinanderliegende Kitas zusammengeführt, ein Aussenstandort wurde aufgegeben. «Zudem ist ein Beratungsbüro damit beauftragt, die Wirtschaftlichkeit der Kitas zu analysieren», so Haller.

In den Matahari-Kitas sind ein Drittel der Plätze nicht besetzt. Früher rissen sich Eltern um Plätze. Hürlimann vermutet: «Kitas gerieten als Virenschleudern in Verruf, und covidbedingte Schliessungen machten uns für viele unzuverlässiger als die Oma.» In der Kita würden Kinder aber Sozialverhalten erlernen und professionell in ihrer Entwicklung begleitet und gefördert werden.

Boom in weniger besiedelten Gebieten

Auch beim Kita-Netzwerk Pop e poppa waren die Eintritte 2021 in der Stadt Bern deutlich tiefer, so CEO Frédéric Baudin. In ländlichen Gemeinden zeige sich dies hingegen nicht. «Das deutet auf einen Trend hin, der die Immobilien-Branche beobachtet hat: ein Boom für grössere Wohnungen in weniger besiedelten Gebieten. Die Familien ziehen aufs Land.» Das Kind in die Kita zu schicken, kostet über vier Jahre so viel wie ein neues Auto, sagt Baudin weiter. «Während der Krise haben die Familien solche Entscheide generell eher verschoben und andere Lösungen gesucht. Jetzt mit dem Druck vom Arbeitsmarkt, schlägt das Pendel aber deutlich zurück.»

Es gibt Hoffnung für die Kitas. Letztes Jahr wurden in der Schweiz so viele Kinder geboren wie seit fast 50 Jahren nicht mehr. Alex Haller von der Stadt Bern: «Zumindest bei Säuglingen unter zwölf Monaten steigt die Nachfrage wieder an.»

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