Totgesagte leben länger
Hier telefonierst du gratis und anonym

Noch immer gibt es in der Schweiz 89 funktionierende Telefonkabinen. Was viele nicht wissen: Man kann darin gratis telefonieren, jedenfalls im Inland. Doch die Anzahl nimmt stetig ab.
Publiziert: 18.07.2024 um 14:10 Uhr
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Aktualisiert: 18.07.2024 um 15:20 Uhr
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Sophie ReinhardtRedaktorin Politik

Verliebte führten heimliche Gespräche, heimwehgeplagte Kinder riefen aus dem Klassenlager ihre Verwandten an: Fast jeder hat Erinnerungen an die oft nach Urin und abgestandenem Rauch riechenden Telefonkabinen. Heute sind so gut wie aus dem öffentlichen Raum verschwunden. Doch es gibt noch Dinosaurier, die überlebt haben.

Diese sind im Besitz der Allgemeinen Plakatgesellschaft (APG). Noch immer gibt es 89 solcher Telefonzellen in der ganzen Schweiz. Die APG nutzt sie als Plakatfassäule. Was viele nicht wissen: Das Telefonieren aus den sogenannten Telecab 2000 ist heute umsonst. Ausgenommen sind Anrufe ins Ausland oder kostenpflichtige Businessnummern. Die Plakate finanzieren die regelmässige Reinigung der Kabinen. Reparaturen werden aber nicht mehr durchgeführt, weshalb die Zahl an gratis Telefonmöglichkeiten stetig sinkt.

In Zürich stehen die meisten

Vor allem in den Städten finden sich noch Kabinen. In der Stadt Zürich stehen knapp 50, 28 in Basel, 9 in Biel, je 1 oder 2 in Aarau, St. Gallen und Winterthur. 

Die Telecab 2000 wurde 1993 entworfen und steht noch immer an fast 100 Orten in der Schweiz.
Foto: keystone-sda.ch
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Die APG erhebt keine Zahlen darüber, wo oder wie häufig Leute in den Kabinen noch telefonieren. «Sie werden nur noch selten gebraucht», sagt Pressesprecherin Nadja Mühlemann gegenüber Blick. Das Smartphone sei viel praktischer. «Aber wenn das Prepaid-Guthaben oder der Akku zu Neige geht oder Touristen die Roaming-Gebühren für Reservationen im Hotel und Restaurant sparen möchten, dann kommt die Telecab durchaus manchmal gelegen.»

Bundesrat besiegelte das Ende

Seit 2016 sind Telefonkabinen in der Schweiz behördlich beerdigt. Seit damals ist die Swisscom nicht mehr verpflichtet, in jeder Gemeinde einen öffentlichen Telefonanschluss zu unterhalten. Die über 3500 Kabinen der Swisscom wurden rückgebaut. Gemäss Swisscom ging die Anzahl Gespräche zwischen 2004 und 2016 um 95 Prozent zurück. 

Erstmals nahm die APG 1930 Telefonkabinen mit Plakatflächen in Betrieb.
Foto: zvg

2018 plädierten Architekten in der «NZZ» vergeblich für den Erhalt einiger Telecab 2000-Kabinen in Zürich und meinten spasseshalber, dass diese in Zukunft allenfalls als «Stationen zum Beamen» genutzt werden könnten.


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