Steuern sparen in Obwalden, Razzia im Appenzellischen
Beckenbauers Spuren in der Schweiz

Die Schweizer Bundesanwaltschaft will den Kaiser stürzen. Es wäre nicht das erste Mal, dass Franz Beckenbauer hier ausgefuchste Methoden anwendet, um finanziell besser dazustehen.
Publiziert: 02.09.2016 um 18:31 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 19:17 Uhr

Die Bundesanwaltschaft hat Franz Beckenbauer (71) ist im Visier. Gegen die Fussballikone, seinen Vize-Präsidenten im WM-Organisationskomitee Horst Rudolf Schmidt und die ehemaligen DFB-Präsidenten Theo Zwanziger und Wolfgang Niersbach läuft seit letztem November ein Strafverfahren.

Die Anschuldigungen sind heftig: Betrug, Geldwäscherei, ungetreue Geschäftsbesorgung und Veruntreuung.

Gestern führte die Bundesanwaltschaft gemeinsam mit den entsprechenden Behörden aus Österreich und Deutschland zeitgleich acht Hausdurchsuchungen und mehrere Befragungen durch (BLICK berichtete). Unter anderem waren Beamte zwei Stunden lang Beckenbauers Residenz in Salzburg beschäftigt, schreibt «bild.de».

Franz Beckenbauer war Präsident des Organisationskomitees der WM 2006 in Deutschland.
Foto: imago sportfotodienst

Im Zentrum der Ermittlungen der Schweizer steht die mutmassliche Mitfinanzierung einer Galaveranstaltung während der WM 2006 in der Höhe von sieben Millionen Euro. Einer Gala, die nie stattfand. Die Bundesanwaltschaft ermittle, weil «ein Teil der mutmassliche Handlungen und der mutmasslichen Bereicherungsorte» in der Schweiz liegen, wie sie in einer Mitteilung schrieb.

Spurensuche im idyllischen Appenzellerland

In der Schweiz kreuzten die Ermittler vor einem Bauernhaus in Teufen auf: Im Ausserrhoder Dorf wurde gestern das private Anwesen von Fedor Radmann, dem Vize-OK-Chef der Fussball-WM 2006 und engen Vertrauten von Beckenbauer durchsucht. Ihm wird laut «Tagesanzeiger» Urkundenfälschung vorgeworfen: Er soll als Zwischenmann Millionenbeträge der Fifa an Beckenbauer weitergeleitet haben.

Auf die Spur des Sportvermarkters kamen die Ermittler, nachdem im Mai 2015 mehrere Fussballfunktionäre verhaftet wurden. Überweisungen der Fifa an die St. Galler Bank Acrevis und eine UBS-Stiftung führten zu Fedor Radmann – und Beckenbauer, der angeblich grosse Barauszahlungen von den Konten erhielt.

Steuern sparen à la Beckenbauer

Franz Beckenbauer mit seinem Manager Robert Schwan auf einem Schlitten in Sarnen am 8. Februar 1979.
Foto: STR

Teufen AR ist aber nur eines der Schweizer Puzzleteile in Beckenbauers finanziellen Spielereien. Seine Manöver über helvetische Bankkonten startete der ehemalige Profifussballer bereits 1977: Franz Beckenbauer unterschrieb einen Millionenvertrag und spielte drei Jahre für Cosmos New York, schreibt der «Spiegel». Zuvor verlegte er seinen Wohnsitz nach Sarnen – und zahlte so nur knapp 20'000 Franken Steuern pro Jahr.

Portrait von Hans Hess, Anwalt, Notar und FDP-Ständerat des Kantons Obwalden.
Foto: GAETAN BALLY

Mit der Unterstützung des ehemaligen Sarner Politikers Hans Hess führte er die Riesensummen aus Werbeeinnahmen über die gemeinsam gegründete Firma Heka Gmbh. Durch deren Liquidation wollten die zwei Schlawiner nochmals Steuern sparen – sie flogen auf, Beckenbauer musste nachzahlen, Hess kassierte eine Verurteilung wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung.

Alte Kumpane tauchen wieder auf

Sieben Jahre residierte Beckenbauer in der Schweiz. 1984 meldete er sich ab und zog nach Österreich. Nur die gemeinsame Vermarktungsfirma mit seinem Berater Robert Schwan blieb bestehen. Später war auch der Obwaldner Anwalt und ehemaliger Praktikanten der Heka Othmar Gabriel  im Handelsregister mitaufgeführt. 

Und genau dieser taucht nun auch im neuen Strafverfahren der Bundesanwaltschaft wieder auf: Er soll einer der Zwischenmänner sein, der Millionensummen unter den Parteien transferierte. 

Franz Beckenbauer kooperiert

«Franz Beckenbauer hat die Ermittlungen der Schweizer Bundesanwaltschaft unterstützt, seit er davon Kenntnis hatte», hiess es am Donnerstag in einer Erklärung der Anwälte Beckenbauers an die Nachrichtenagentur dpa. Er werde auch weiterhin mit allen beteiligten Behörden kooperieren.

Den Beschuldigten droht eine Freiheitsstrafe von maximal fünf Jahren. Doch bis zu einem Urteil werden wohl noch drei bis fünf Jahre vergehen, schätzt André Marti, Sprecher der Bundesanwaltschaft.

So wurde für den Event mit Franz Beckenbauer im Luxushotel Park Hyatt geworben.

Eine Reaktion vom «Kaiser» persönlich auf die Schweizer Ermittlungen blieb aus.

Spurlos scheint die jüngste Entwicklung jedoch nicht an ihm vorbeizuziehen: Beckenbauer hat einen Auftritt in Zürich für heute Abend abgesagt. Er wollte im Nobelhotel Park Hyatt über seine neue Leidenschaft sprechen: Wein. Der Deutsche besitzt sogar Anteile an einem südafrikanischen Rebberg. (SDA/kra)

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