«Mir ist egal, was Sommaruga sagt»
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Bruno Stampfli ist wütend:«Mir ist egal, was Sommaruga sagt»

Solaranlage-Besitzer Stampfli streitet mit dem Bund über den Strompreis
«Werde ich betrieben, ziehe ich den Stecker»

Solaranlage-Besitzer Bruno Stampfli (69) liegt mit dem Bund über Kreuz. Und droht gar, selber seiner Anlage den Stecker zu ziehen! Auslöser ist die kostendeckende Einspeisevergütung, die grüne Energien eigentlich fördern sollte.
Publiziert: 26.09.2022 um 00:10 Uhr
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Aktualisiert: 26.09.2022 um 14:53 Uhr
Michael Sahli

Bruno Stampfli (69) ist sauer. Seit 2013 betreibt der pensionierte Metzger auf seiner Gewerbehalle in Schattdorf UR eine Solaranlage, die etwa 25 Haushalte mit Strom versorgen kann. Wegen der hohen Strompreise müsste es in der Kasse des Seniors zünftig klingeln – tut es aber nicht. «Ich bin kurz davor, die Anlage einfach abzuschalten. Es ist einfach nicht fair», sagt Stampfli zu Blick.

Das Problem: Seit 2018 bezieht der 69-Jährige für seinen Strom eine finanzielle Förderung vom Bund, die Kostendeckende Einspeisevergütung (KEV). Mit den steigenden Preisen wurde die Förderung aber zum Bremsklotz.

Statt Bonuszahlungen kommen jetzt Rechnungen

Das System wurde 2009 in Kraft gesetzt, um erneuerbare Energie zu fördern. Baut jemand beispielsweise eine Solaranlage aufs Dach und speist Strom ins Netz, ist ein fixer Kaufpreis für die Energie garantiert. Liegt der Marktpreis darunter, übernimmt der Bund die Differenz. Bei Metzger Stampfli liegt der garantierte Preis bei 20,6 Rappen pro Kilowattstunde.

Ist unzufrieden mit dem Ertrag aus seiner Solaranlage: Metzger Bruno Stampfli.
Foto: Siggi Bucher
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Nur: Ab 2021 stiegen die Strompreise stark an – und übertrafen auf dem freien Markt den Minimalpreis von 20,6 Rappen.

Davon profitiert Stampfli aber nicht. Bekommt er von seinem Stromvermarkter mehr als die 20,6 Rappen pro Kilowattstunde, muss er die Differenz an den Bund zahlen. Statt Förderungszahlungen bekommt der Metzger also plötzlich Rechnungen aus Bern. «Ich habe schon Forderungen von fast 2000 Franken gesammelt», ärgert er sich. Gehe es so weiter, müsse er über 100 Jahre alt werden, um die Anlage zu amortisieren.

Von der Förderung profitierte Stampfli nur kurz

Stampfli hatte immer wieder Pech: 2012 brannte seine Halle nieder, nachdem sie schon 2005 von einer Flut zerstört worden war. Im Jahr darauf errichtete der umtriebige Metzger das Gebäude neu. Und baute eine grosse Solaranlage auf das Dach, investierte über 300'000 Franken aus seiner Altersvorsorge.

Fünf Jahre lang ist er nach Inbetriebnahme der Anlage auf der Warteliste für die Einspeisevergütung und bekommt in dieser Zeit keine Unterstützung vom Bund. «In all den Jahren konnte ich gerade einmal sechs Rappen pro Kilowattstunde verdienen.»

Erst 2018 wird er ins System der Einspeisevergütung aufgenommen und profitiert endlich vom Mindestpreis. Wenige Jahre später wird das zum Bumerang.

Stampfli fühlt sich übervorteilt. Und denkt nicht daran, seinen «Gewinnüberschuss» an den Bund zurückzuzahlen. «Die erste Rechnung hat meine Frau dummerweise noch bezahlt. Danach habe ich die Zahlungen eingestellt.» Eine erste Mahnung ist ihm schon in die Stube geflattert. «Kommt es zur Betreibung, ziehe ich der Anlage den Stecker, auch wenn ich dann gar nichts mehr verdiene. Es geht ums Prinzip!», so der Innerschweizer.

«Nicht die Idee, sich eine goldene Nase zu verdienen»

Beim Bundesamt für Energie kennt man die Problematik. «Wir hatten vielleicht eine Handvoll Leute, die sich gemeldet haben, weil sie kurz vor dem Preisanstieg in das System der Einspeisevergütung aufgenommen wurden und nun mit dem Preis hadern», sagt die Presseverantwortliche Marianne Zünd.

Die Förderung sei so konzipiert, dass Investitionskosten innerhalb einer vernünftigen Zeit wieder eingespielt werden können. «Es ist aber nicht die Idee, dass sich die Empfänger eine goldene Nase verdienen können.»

Zudem stehe es jedem frei, sich auf dem freien Markt zu versuchen und aus der KEV auszusteigen, so Zünd weiter. «Dann müssen sie aber auch mit dem Risiko leben, dass der Preis wieder sinken könnte. Eine Rückkehr ins System ist dann nicht mehr möglich.»

Metzger Stampfli weiss noch nicht, ob ein Ausstieg für ihn eine Option wäre. Und zeigt Galgenhumor: «Bei meinem ‹Glück› würde der Strompreis wohl am Tag nach dem Ausstieg ins Bodenlose fallen!»

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