Sie wollte Seelsorge – er wollte Sex
«Für meine Mandantin war es die Hölle»

Ein Priester soll seine Haushälterin vergewaltigt haben. Am Ende kommt er mit einer Strafe von 900 Franken davon.
Publiziert: 02.04.2023 um 00:56 Uhr
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Aktualisiert: 06.04.2023 um 09:31 Uhr
Raphael Rauch

Es sind verstörende Fotos und Videos. Zu sehen sind brutale Gewaltszenen, in denen Menschen gequält werden. Ein Video zeigt, wie eine Frau von mehreren Männern geschlagen, getreten und herumgeschleift wird. Am Ende wird sie mit einer Flüssigkeit übergossen, angezündet und bei lebendigem Leib verbrannt.

Eine andere Aufnahme zeigt, wie einem Mann mutmasslich bei lebendigem Leib die Organe entnommen werden.

Wegen dieser unvorstellbar grausamen Bilder verurteilte das Kantonsgericht in Chur GR einen deutsch-nigerianischen Priester zu 900 Franken Strafe.

Diesem deutsch-nigerianischen Priester wurde Vergewaltigung vorgeworfen. Am Ende hat ihn das Gericht wegen Brutalo-Videos verurteilt.
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Freispruch

Vom Hauptgrund der Anklage sprach das Gericht den Priester hingegen frei: mehrfache Vergewaltigung und sexuelle Nötigung. Und zwar der eigenen Haushälterin.

«Für meine Mandantin ist das sehr belastend. Sie hat die Hölle durchgemacht», sagt ihr Anwalt zu SonntagsBlick. «Der Freispruch trotz Vergewaltigung ist für meine Mandantin wie ein Schlag ins Gesicht. Sie hat das Gefühl, ihr werde nicht geglaubt.»

Laut dem Anwalt liegt noch keine Urteilsbegründung vor. Er vermutet, das Gericht habe «im Zweifel für den Angeklagten» entschieden.

Der Pfarrer wollte Sex

Der Priester hatte vor Gericht behauptet, der Sex sei einvernehmlich gewesen. Der Anwalt will nun die Urteilsbegründung abwarten und prüfen, ob seine Mandantin das Urteil vors Bundesgericht zieht.

Für die Frau besonders tragisch: Sie hatte sich in Deutschland Hilfe suchend an den Priester gewandt. So kam es zu einem toxischen Abhängigkeitsverhältnis. Beide gingen in die Schweiz. Der Priester wollte Sex, die Frau Seelsorge.

Doch wie kommt ein Priester, der offiziell Priester des Bistums Enugu in Nigeria ist, überhaupt ins Bistum Chur? «Sein Bischof hat ihn nach Deutschland geschickt. Er war zuletzt im Bistum Paderborn tätig», sagt Bischof Joseph Bonnemain zu SonntagsBlick.

Dank Exorzisten in Chur

2016 habe der deutsch-nigerianische Priester auf einer Tagung Christoph Casetti kennen gelernt – den 2020 verstorbenen Exorzisten des Bistums Chur. «Über Casetti kam die Verbindung ins Bistum Chur zustande.»

Vor der Anstellung im Bistum Chur habe es einen Background-Check gegeben – ohne Auffälligkeiten, wie der Bischof von Chur betont. «2015 hat er an einem Präventionskurs im Bistum Paderborn teilgenommen.»

Der Anwalt des Priesters war nicht zu erreichen. Unklar ist, was der Priester heute macht. «Nach der Zeit in der Untersuchungshaft kehrte er ins Bistum Paderborn zurück. Wir haben beide Diözesen, Paderborn und Enugu, fortlaufend informiert», sagt der Churer Bischof Bonnemain. «Die Diözese Paderborn hat uns mitgeteilt, dass er dort wieder Wohnsitz genommen habe, ohne jedoch seelsorgerliche Tätigkeiten aufnehmen zu dürfen.» Das Bistum Chur stehe mit der betroffenen Frau über eine Vertrauensperson in Kontakt.

Wie kann ausgerechnet ein Priester Gefallen an Horrorvideos finden? Bischof Joseph Bonnemain sagt: «Leider sind auch Priester zu den abscheulichsten Dingen fähig.»

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