Seniorin um 366'000 Franken erleichtert
Kesb-Betreuer Sebastian F. muss hinter Gitter!

Kesb-Beistand Sebastian F. (49) bediente sich am Vermögen einer alten Frau, das er eigentlich hätte verwalten sollen. Am Mittwoch wurde er dafür vom Bezirksgericht Bülach ZH verurteilt.
Publiziert: 23.02.2022 um 19:06 Uhr
Michael Sahli

Sebastian F.* (49) hätte sich im Auftrag der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (Kesb) um das Vermögen einer verwirrten alten Frau kümmern sollen. Stattdessen füllte sich der ehemalige Berufsbeistand die eigenen Taschen. Er liess Seniorin Muriel S.* (86) aus der Region Bülach ZH einen Darlehensvertrag unterschreiben, zockte ihr so 366'000 Franken vom Ersparten ab! Am Mittwoch stand er vor dem Bezirksgericht Bülach ZH.

Gegenüber dem Richter gab sich F. lammfromm. Dass er als Berufsbeistand nicht einfach so ein Darlehen von einer Klientin mit geistigen Defiziten hätte kassieren dürfen, sei ihm zum Tatzeitpunkt im Jahr 2017 nicht bewusst gewesen. «Das habe ich nicht mitbekommen», so seine lapidare Erklärung.

Vom Geld ist heute nichts mehr übrig. F. kaufte sich unter anderem einen Chevrolet und ein Boot. «Der grösste Teil ging aber in die Dominikanische Republik», sagte er vor Gericht. Dort habe er auf den Namen seiner damaligen Frau, die ebenfalls auf der Anklagebank sass, ein Grundstück gekauft. «Darauf wollten wir einen landwirtschaftlichen Betrieb aufbauen.» Stattdessen sei man von den lokalen Angestellten um die Investitionen betrogen worden.

Sebastian F. (49) stand am Mittwoch in Bülach ZH vor dem Richter.
Foto: Philippe Rossier
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Wie kam der betrügerische Beistand an seinen Job?

Zum Job des Vermögensverwalters einer verwirrten Seniorin kam der Beschuldigte trotz einschlägiger Vorstrafen und einer halben Million Franken Schulden. Wie er überhaupt in die heikle Position kommen konnte, blieb auch vor Gericht offen. Eigentlich habe er sich bei der Gemeinde Embrach ZH für eine andere Stelle im sozialen Bereich beworben, erklärte der Angeklagte. Er habe sich als Berufsbeistand immer wieder überfordert gefühlt.

Das Darlehen der Seniorin war nicht der einzige Punkt, der vor Gericht ein Thema war: Um Wohnungen mieten zu können, hat Sebastian F. seinen mehrere Seiten langen Betreibungsregisterauszug gefälscht. Und er hat ungerechtfertigt Sozialhilfe bezogen. «Um meine Familie zu ernähren», begründete F.

Seine Ex-Frau, die aus der Dominikanischen Republik stammt, sagte dem Richter, von alledem nichts gewusst zu haben. Die siebenfache Mutter gab an, sie habe mit nur zwei Jahren Schulbildung gar nicht die Fähigkeiten, Dokumente zu fälschen. «Das hat mein Ex-Mann gemacht», sagte die Sozialhilfe-Empfängerin, die ohne Anwalt vor Gericht erschien.

Gericht verurteilt den Angeklagten zu 50 Monaten Haft

Der Staatsanwalt liess sich von den Erklärungsversuchen nicht beeindrucken. «Er hat seine vertrauensvolle Position ausgenützt», sagte er an die Adresse des Hauptbeschuldigten. Die Anklage fordert für den Ex-Beistand vier Jahre Gefängnis wegen Veruntreuung, Geldwäscherei und Betrug. Und für seine Frau eine bedingte Geldstrafe.

Der Verteidiger argumentierte, die Angehörigen der alten Dame hätten vom Darlehen gewusst. Und er zog in Zweifel, dass die Seniorin tatsächlich nicht mehr verstand, was sie tat. Einzig das Fälschen der Betreibungsregisterauszüge anerkennt der Verteidiger.

Das Gericht folgte der Verteidigung nicht. Und verurteilte F. zu einer Haftstrafe von 50 Monaten, unter anderem wegen Urkundenfälschung, Veruntreuung und mehrfachem Betrug. Seine Ex-Frau wird freigesprochen.

*Namen geändert


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