Schwere Vorwürfe
HSG-Professor soll systematisch abgeschrieben haben

Ein Professor der Universität St. Gallen sorgt derzeit für Schlagzeilen. Er soll immer wieder abgeschrieben haben – sogar bei seinen eigenen Studierenden.
Publiziert: 14.12.2022 um 18:45 Uhr
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Aktualisiert: 14.12.2022 um 19:56 Uhr

20 Jahre lang unterrichtet der Professor (49) bereits an der renommierten Universität St. Gallen (HSG) Betriebswirtschaft. Jetzt kommt ein Skandal nach dem anderen ans Licht: Der Professor soll bereits bei seiner Dissertation abgekupfert haben. Und nicht nur das – im Laufe seiner Karriere soll er immer wieder die Gedanken anderer als seine eigenen verkauft haben, auch die seiner eigenen Studenten.

Wie die «NZZ am Sonntag» herausfand, wurden allein bei der Dissertation des besagten Professors 38 Textabschnitte von anderen Autoren geklaut – ohne korrekte Quellenangabe.

Nun ermittelt die Technische Universität Darmstadt (TU Darmstadt) seit etwa einem Jahr, was an den Plagiatsvorwürfen dran ist. «Das Verfahren läuft noch, darum werden wir uns nicht äussern», heisst es auf Anfrage vom «St. Galler Tagblatt». Es gilt die Unschuldsvermutung. Für Experten steht laut beiden Zeitungen aber bereits fest: Die Dissertation hätte von der TU Darmstadt in dieser Form niemals angenommen werden dürfen.

Ein Professor soll während seiner Karriere mehrfach plagiiert haben.
Foto: Keystone
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Er soll auch bei der Habilitation plagiiert haben

Wie das «St. Galler Tagblatt» schreibt, habe der mutmassliche Plagiator auch bei anderen Arbeiten geklaut und kopiert. Darunter etwa bei seiner Habilitation, die ihn zum Titelprofessor an der Universität St. Gallen machte. Die Textpassagen seien so dreist kopiert worden, dass dahinter nur ein vorsätzliches Vorgehen stecken könne, sagen Experten zur Zeitung. Der Professor habe gezielt versucht, seine Plagiate zu verschleiern, indem er nur einzelne Wörter austauschte.

Ausserdem habe der Professor Teile seiner Dissertation in der Habilitation wiederverwendet. Das ist laut Habilitationsverordnung der HSG nicht zulässig.

Die HSG liess nach diesen Vorwürfen im Februar 2022 die Habilitation extern sowie intern auf mögliche Plagiate überprüfen. Das Gutachten überrascht: Laut HSG liegen zwar ähnliche Textpassagen vor, von Plagiaten könne aber nicht die Rede sein. Laut «NZZ am Sonntag» wurde aber nicht geschaut, ob Passagen aus der Dissertation wiederverwendet wurden. Sollte die Technische Universität Darmstadt zu dem Entschluss kommen, dass der Professor in seiner Dissertation plagiiert hat, werde man die Situation neu beurteilen, heisst es in einem Statement der HSG. Das stösst auf Kritik.

Arbeiten Studierender unter eigenem Namen veröffentlicht

Gegen den HSG-Professor werden weitere schwere Vorwürfe erhoben. Studierende behaupten, dass er ihre Abschlussarbeiten veröffentlicht und sich als Erstautor einträgt, schrieb das «St. Galler Tagblatt» am Montag. Die Studierenden hätten ihre Arbeit als «vertraulich» klassifizieren müssen. Dadurch tauchen die Masterarbeiten nicht direkt in der Datenbank auf.

Aufgrund der vielen Vorwürfe, die sich auch gegen die HSG richten, veröffentlichte die Universität ein Statement. «Wir konnten bisher keinen Verstoss gegen die Grundsätze wissenschaftlicher Integrität feststellen», hält Bernhard Ehrenzeller (69), Rektor der HSG, fest. In einem Interview mit dem SRF rechtfertigt Ehrenzeller die Entscheidung, den Professor trotz der neuen Vorwürfe weiter unterrichten zu lassen: «Als Arbeitgeber mit Fürsorgepflicht kann die HSG nicht aufgrund von Medienberichten eine neue Gesamtbeurteilung vornehmen.» (jwg)

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