«Vertuschung von Beweismaterial» – Professoren freigestellt
HSG-Rektor spricht über Plagiats-Affäre

Knall an der Universität St. Gallen. Zwei HSG-Professoren werden freigestellt. Die Plagiats-Anschuldigungen standen schon länger im Raum. Doch erst jetzt handelt Rektor Bernhard Ehrenzeller – weshalb?
Publiziert: 16.12.2022 um 16:00 Uhr
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Aktualisiert: 16.12.2022 um 18:42 Uhr

Zwei Professoren der Universität St. Gallen (HSG) werden provisorisch freigestellt. Der Grund sind Plagiats-Vorwürfe und Kritik an der Führung eines Forschungsinstituts. Die Vorwürfe werden untersucht, und die HSG setzt einen speziellen Ausschuss ein.

Der Präsident des Universitätsrats, Bildungsdirektor Stefan Kölliker (SVP), hat die Freistellungen auf Antrag von HSG-Rektor Bernhard Ehrenzeller (69) ausgesprochen, wie die Universität am Freitag mitteilte. Die beiden betroffenen Professoren werden nicht namentlich genannt.

Noch vor wenigen Tagen rechtfertigt Rektor Ehrenzeller die Entscheidung, die Professoren trotz der neuen Vorwürfe weiter unterrichten zu lassen. «Als Arbeitgeber mit Fürsorgepflicht kann die HSG nicht aufgrund von Medienberichten eine neue Gesamtbeurteilung vornehmen», sagte er gegenüber dem SRF. «Wir konnten bisher keinen Verstoss gegen die Grundsätze wissenschaftlicher Integrität feststellen.» Jetzt also die Kehrtwende – wieso?

Die Universität St. Gallen stellt zwei Professoren frei. Die Plagiats-Vorwürfe werden ihnen zum Verhängnis. (Archivbild)
Foto: Keystone
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HSG-Rektor erklärt sich

«Es gab bei diesem Professor mehrere Vorwürfe. Der Hauptvorwurf war der Abschrieb einer Habilitation. Das kann man nicht so rasch feststellen. Es gibt einen Gutachter, der kam zum Schluss: Es liegt kein Plagiat vor. Jetzt gab es ein weiteres auswärtiges Gutachten. Dieser Gutachter sagte: Ich habe ganz andere Stellen gefunden. Das ist also der Anlass, dass wir nochmals schauen, ob das zutrifft oder nicht», erklärte Ehrenzeller gegenüber dem Ostschweizer Newsportal «FM1». Der Verdacht erhärtete sich. Auch dank einer Studentin.

«Sie hat uns ihre Arbeit zugeschickt, die wir untersucht haben. Schon innerhalb eines Tages konnten wir feststellen: Da ist etwas dran.» Zudem kam ein Vertuschungsversuch ans Tageslicht: «Wir konnten feststellen, dass der Professor Publikationen auf der Datenbank der Universität St. Gallen gelöscht hat. Das ist Vertuschung von Beweismaterial, deshalb mussten wir unmittelbar heute die Massnahme einer provisorischen Freistellung einleiten.»

Und was ist mit dem zweiten freigestellten Professor? «Es handelt sich um einen sehr engen Kollegen. Sie sind zusammen im gleichen Institut als Co-Direktoren. Weil wir merkten, dass die gegenseitigen Abhängigkeiten so hoch sind, dass die eine Untersuchung behindert werden könnte, mussten wir auch ihn freistellen.»

Unabhängiger Rechtsanwalt als Anlaufstelle

Die provisorische Freistellung gilt bis zur Anordnung von definitiven Massnahmen. Per sofort wurde Thomas Friedli, Titularprofessor für Betriebswirtschaftslehre an der HSG, als Sachwalter für die Führung des Instituts eingesetzt.

Als «Aktion der Offenlegung» setzt die Universität einen speziellen Ausschuss mit Bildungsdirektor Stefan Kölliker, Rektor Bernhard Ehrenzeller und dem zukünftigen Rektor oder der zukünftigen Rektorin der HSG ein.

Ausserdem soll ein ausserkantonaler, unabhängiger Rechtsanwalt als Anlaufstelle fungieren. Das «St. Galler Tagblatt» berichtete kürzlich darüber, und die Vorwürfe wurden durch einen unabhängigen Experten bestätigt. Über den Plagiatsvorwurf hatte zuvor bereits die «NZZ am Sonntag» berichtet. (SDA/abt)

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