Bundesgericht entscheidet gegen ihn
Krankenpfleger erbt Haus von Patientin – bekommt es aber nicht

Ein Pfleger erbte das Haus seiner Patientin – behalten darf er es aber nicht. Laut Gericht ist der Mann nämlich erbunwürdig, weil er die Rentnerin mit falschen Absichten getäuscht hatte.
Publiziert: 15.12.2021 um 17:14 Uhr
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Aktualisiert: 16.12.2021 um 08:56 Uhr
Martin Bruhin

Zu früh gefreut! Im Mai lernte Pfleger H.* (heute 71) eine ältere Frau (†91) kennen. Bis zu ihrem Tod im Jahr 2015 betreute er sie. Wurde ihr Beistand und Vorsorgebeauftragter. Ihr Lebensinhalt. Die Frau war sehr einsam, fürchtete unter anderem, ohne die Betreuung in ein Pflegeheim gehen zu müssen. Dadurch sei ein «ausserordentliches Machtgefälle zwischen den beiden entstanden», steht in einem kürzlich veröffentlichten Bundesgerichtsurteil.

Für seine Dienste erhielt H. ab 2011 monatlich durchschnittlich 4793.50 Franken – für ein 50 Prozent Pensum. Die Frau nahm den Mann fünf Jahre vor ihrem Tod sogar in ihr Testament auf und vermachte ihm eine Liegenschaft. Wert: rund 670'000 Franken.

Arglistiges Verhalten

Doch nachdem die Frau gestorben war, weigerte sich die Willensvollstreckerin, die nötigen Schritte zu unternehmen. 2016 klagte der Pfleger, um das Haus trotzdem zu bekommen. Zuerst scheiterte er damit aber vor dem Bezirksgericht, danach vor dem Obergericht und nun auch vor dem Bundesgericht. Die Richter argumentierten, der Pflegefachmann sei erbunwürdig. Laut Gesetz trifft dies auf Personen zu, die vom Erblasser durch Arglist, Zwang oder Drohung begünstigt wurden.

Einem Krankenpfleger wurde das Erbe verwehrt, dass ihm von einer Patientin vermacht wurde. Laut Bundesgericht ist er erbunwürdig.
Foto: Keystone
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Im konkreten Fall urteilten die Richter, der Mann habe sich arglistig verhalten. So habe die Frau in Briefen von «Liebe» und «Freundschaft» geschrieben. H. hätte ihr sagen müssen, ihr primär zu helfen, weil er dafür bezahlt wurde. Die Richter sind überzeugt, dass die Frau dem Pfleger das Haus dann nicht überlassen hätte.

200'000 Franken geschenkt

Der Pfleger dementierte das Abhängigkeitsverhältnis. Er sagte, die Frau sei ihm am Herzen gelegen. Dem gegenüber stellten die Richter die Tatsache, dass er sich grosszügig entlöhnen liess, ohne vertragsgemäss abzurechnen. Zudem erhielt er im Sommer 2014 200'000 Franken von der Frau geschenkt, die er nicht meldete. Als Beistand wäre er aber dazu verpflichtet gewesen. Es könne deshalb, so hat das Bezirksgericht dargelegt, nicht von einer wahren Freundschaft des Beschwerdeführers gegenüber der Erblasserin gesprochen werden.

Die Verdienste des Pflegers um das Wohlergehen der Erblasserin und deren Dankbarkeit dafür sind laut Bundesgericht aber unbestritten. 17 Jahre hatte er für die Frau gearbeitet. Dafür seien 4800 Franken bei einem 50 Prozent Pensum aber auch eine «gute Entlöhnung».

* Name geändert

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