Nguinamau António Da Costa über das Leben nach der Kettensägen-Attacke
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Er ist immer noch angeschlagen:Opfer über das Leben nach der Kettensägen-Attacke

Opfer von Kettensägen-Attacke in Dielsdorf ZH kann Täter nicht vergeben
«Er hat mir meine Zukunft geraubt»

Zwei Maskierte mit einer Kettensäge überfielen 2007 eine Putzkraft im McDonald's in Dielsdorf ZH und verletzten sie schwer. Zwölf Jahre später konnte die Polizei den Haupttäter und seinen Stiefsohn fassen. Das Opfer ist noch immer traumatisiert.
Publiziert: 12.03.2019 um 23:58 Uhr
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Aktualisiert: 21.01.2021 um 19:39 Uhr
Céline Trachsel
Céline TrachselReporterin

Das Leben von Nguinamau António Da Costa (48) besteht aus Leiden: «Ich habe täglich starke Schmerzen. Mein Leben besteht aus Arzt- und Spitalbesuchen.» Der Mann – als Kind im Bürgerkrieg in Angola traumatisiert – erlebte vor zwölf Jahren den blanken Horror. Diesen ist er bis heute nicht losgeworden: «Ich höre immer noch die rotierenden Ketten und aufheulenden Motoren der Kettensägen. Dieser Lärm verfolgt mich Tag und Nacht.»

Der Raubüberfall, der sein Leben auf den Kopf stellte, geschah am 1. Mai 2007. Da Costa putzte im McDonald's in Dielsdorf ZH. Kurz nach Mitternacht klopfte es am Hintereingang. Draussen stand ein junger Mann. Gleichzeitig blockierte ein zweiter, maskierter Mann die Tür und warf die Kettensäge an. Die Räuber wollten Geld. Doch António Da Costa kannte den Tresor-Code nicht – daraufhin attackierten ihn die Räuber.

Polizei ermittelte Täter dank Zufall

Zwölf Jahre später kann die Kantonspolizei Zürich die Täter endlich schnappen – dank Inspektor Zufall. Die Ermittler hören einen Kleinkriminellen ab, der zufällig jemandem vom Kettensäge-Überfall erzählt. Er habe die Tat als 15-Jähriger mit seinem Stiefvater verübt. Dieser sitzt nun seit Oktober 2018 in Haft. Es handelt sich um José-Miguel F.* (41, Name geändert). Der Dominikaner wohnte im Kanton Zürich in einer hübschen Neubau-Wohnung mit seiner Frau und zwei Kindern.

Verhaftet: José-Miguel F.* (41) posierte prahlerisch auf Facebook.
Foto: Facebook
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Während der Dominikaner sein Leben fröhlich weiterführte und in den sozialen Medien eifrig Partyfotos postete, litt sein Opfer in aller Stille – all die Jahre lang. Der Angolaner lebt mit seiner Frau am Zürcher Stadtrand. Wegen der schweren posttraumatischen Belastungsstörung erhält er heute IV. Er habe aber immer daran geglaubt, dass die Polizei die Täter fasse.

«Mein Blut spritzte nur so herum»

Alle Details der Attacke sind noch in seinem Kopf gespeichert. «Sie zwangen mich auf die Knie und attackierten mich von beiden Seiten mit den laufenden Motorsägen. Ich wehrte mit den Armen die Angriffe ab.» Noch immer sind die Spuren sichtbar. Ausgeliefert habe er sich gefühlt. «Ich spürte mein eigenes Blut herumspritzen. Eine der Ketten stoppte plötzlich, weil meine Knochensplitter sie blockierten.»

In diesem Moment sei ihm die Flucht gelungen. Mit dem Körper musste er eine Türe aufstossen – zu schwer waren die Hände verletzt. «Einer der Täter warf mir die laufende Motorsäge hinterher. «Sie traf mich im Gesicht. Ich sehe jeden Tag die Narben und fehlenden Zähne.»

«Für mich ändert sich nichts»

Den jüngeren der beiden Täter sah er vor drei Monaten bei einer Einvernahme. «Ihm kann ich irgendwie vergeben. Er war damals fast noch ein Kind.»

Stiefvater José-Miguel F. wird Da Costa erst vor Gericht sehen. «Ich konnte ihm bisher nicht verzeihen», sagt der Angolaner. «Was ist das für ein Mensch, der einem anderen so etwas antut?» Die Täter hätten im Laufe des Überfalls gemerkt, dass nichts zu holen war. «Und trotzdem versuchten sie, mich zu massakrieren.»

Er sei froh, dass der Mann bald vor den Richter komme. «So bekommt er endlich seine verdiente Strafe. Für mich ändert sich dadurch nichts. Er hat mir alle meine Zukunftspläne genommen.»

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