«Wir wurden ‹gecancelled›»
Auftritt von Reggae-Band Lauwarm wieder kurzfristig abgesagt

Die Reggae-Band Lauwarm, deren Konzert in der Brasserie Lorraine in Bern abgebrochen wurde, darf wieder nicht spielen. Ihr heutiger Auftritt an der Lorraine-Chilbi wurde kurzfristig abgesagt, wie der Veranstalter gegenüber SonntagsBlick bestätigt.
Publiziert: 20.08.2022 um 13:07 Uhr
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Aktualisiert: 23.08.2022 um 15:04 Uhr
Tobias Marti

Die Kontroverse um kulturelle Aneignung ist um ein Kapitel reicher.

Der heutige Auftritt der Reggae-Gruppe Lauwarm an der Lorraine-Chilbi in Bern wurde kurzfristig abgesagt, wie Christoph Musy vom Organisations-Komitee (OK) des Fests gegenüber Sonntagsblick bestätigt.

Damit wiederholt sich die Geschichte. Lauwarm ist jene Band, deren Konzert in der Brasserie Lorraine in Bern vor einem Monat abgebrochen wurde. Die Veranstalter kamen damals dem Wunsch von Besuchern nach, die sich an den Dreadlocks der Musiker störten. Reaktionen über die Landesgrenzen hinaus waren die Folge. Seither diskutiert die Schweiz über kulturelle Aneignung.

Im letzten Moment abgesagt: Der Auftritt der Band Lauwarm in Bern.
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Keine weiteren Kommentare

Ausser der Tatsache, dass das heutige Konzert nicht stattfindet, wollen die Veranstalter der Lorraine-Chilbi keinen weiteren Kommentar abgeben. «Es handelt sich um eine zu grosse Kontroverse für ein Quartierfest. Dieses steht hier im Vordergrund», so Christoph Musy gegenüber SonntagsBlick.

Bis am Donnerstag stand die Band noch auf dem offiziellen Programm des alternativen Quartierfests, an dem auch die Brasserie Lorraine mitwirkt. Mittlerweile wird im Programm anstelle von Lauwarm eine andere Band namens «adava» aufgeführt.

Noch am Donnerstag sagte Sänger Dominik Plumettaz zu SonntagsBlick: «Wir wurden schon lange vorher für diesen Auftritt angefragt, vor der ganzen Sache. Das OK hat unseren Auftritt einstimmig angenommen», so Plumettaz. Man habe entschieden, es sei darum eine andere Ausgangslage. Plumettaz: «Darum rechne ich nicht damit, dass diesmal abgebrochen wird, was uns auch das OK so mitgeteilt hat. Aber klar, wir spielen in der Lorraine, und da weiss man nicht, was passieren kann.»

Veranstalter sind verunsichert

Nun ist dies tatsächlich eingetroffen. Der Sänger machte die Absage gestern Freitag in den sozialen Medien publik. «Cancelled», schrieb Plumettaz auf Instagram. In einem Video sagt er: «Leider spielen wir heute nicht an der Lorraine-Chilbi. Wir wurden ‹gecancelled›».

Auf Anfrage von SonntagsBlick stellte der Musiker ein Statement für den Abend in Aussicht. Mittlerweile scheint die Band für das heutige Konzert ein Ausweichlokal in Solothurn gefunden zu haben.

Ebenfalls am Donnerstag teilte das OK der Lorraine-Chilbi SonntagsBlick mit, man habe die Band Lauwarm aufgrund guter Erfahrungen bei ihrem Auftritt an der letztjährigen Chilbi bereits vor über vier Monaten engagiert. «Wir haben als OK Lorraine-Chilbi Verständnis für verschiedene Meinungen.» Was nun genau zur Absage in letzter Minute geführt hat, ist derzeit nicht bekannt.

Die aktuelle Diskussion um kulturelle Aneignung scheint jedenfalls Veranstalter landesweit zu verunsichern. Dies zeigte sich auch am Dienstag, als der Auftritt des Sängers Mario Parizek – auch hier ging es um einen weissen, Dreadlocks tragenden Reggae-Musiker – in der Zürcher Bar «Gleis» gestrichen wurde. Am Freitag geriet dann auch das Komikerduo Ursus & Nadeschkin in die Kritik. Letztere trägt in ihrer Rolle eine Rasta-Perücke.

«Die Welt hat doch wirklich andere Probleme»

Und Lauwarm? Die spielen am Samstag stattdessen in der Grünen Fee in Solothurn. Bereits den zweiten Tag hintereinander. «Die Jungs haben das gestern super gemacht», sagt Roger Liggenstorfer, Geschäftsleiter der Bar. «Die Stimmung war grossartig, es gab keinerlei Probleme, niemand fühlte sich unwohl.» Als er von der Absage in Bern erfahren habe, habe er Lauwarm darum sofort für heute wieder angefragt und die Zusage bekommen. «Die Gründe der Absage der Lorraine kenne ich nicht im Detail und kann sie deshalb auch nicht kommentieren», sagt Liggenstorfer. «Aber die Welt hat doch wirklich andere Probleme, als solch unnötige Diskussionen über sogenannte ‹kulturelle Aneignung› zu führen.»

Blick erwischt in der Bar auch Julian, Gitarrist der Band. Zur Absage möchte er sich nicht mehr äussern, sagt, man freue sich einfach, jetzt in Solothurn spielen zu können.

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