Die Fakten nach dem Terroranschlag von Wien
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Blutige Attacke in Österreich:Die Fakten nach dem Terroranschlag von Wien

Nach Wiener Blutbad Winterthurer Ex-Postangestellter festgenommen
Schweizer Nachrichtendienst hatte vor Attentaten gewarnt

Nur einen Tag nach dem Blutbad in der Wiener Innenstadt, bei dem fünf Menschen ums Leben kamen und weitere 22 verletzt wurden, verhaftet die Zürcher Polizei zwei IS-Verdächtige in Winterthur. Terror-Experte Peter Forster (74) lobt die Arbeit des Nachrichtendienst.
Publiziert: 05.11.2020 um 10:39 Uhr
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Aktualisiert: 05.11.2020 um 16:17 Uhr
Myrte Müller

Die Bilder schocken die Welt. In der Innenstadt von Wien kommt es am Montagabend in der Nähe der Synagoge zu einem Terror-Akt. Schnell steht fest: Es handelt sich um einen islamistischen Anschlag. Zum Opfer fallen vier Passanten, 22 Menschen werden durch Schüsse verletzt. Der Attentäter (†21) wird von der Polizei niedergestreckt (BLICK berichtete).

Es vergehen keine 24 Stunden und die Zürcher Polizei schlägt zu. Zwei junge Männer (18 und 24) werden verhaftet. Der Terror von Wien hat die Schweiz eingeholt. Der Ältere hat den Schweizer Pass, war Postangestellter, Nachwuchsfussballspieler und ein Freund des Attentäters, berichtet der «Tages-Anzeiger». Aber er ist auch aktenkundig als Salafist, Mitglied der Jugendgruppe der berüchtigten An’Nur Moschee, einst Treffpunkt von Dschihadisten. Der IS-Verdächtige ist seit Jahren unter Beobachtung der Sicherheitsbehörden. Sein Name taucht im grossen Prozess um die An’Nur Moschee im Oktober 2018 auf.

Jetzt erhöht sich die Wachsamkeit der Sicherheitsbehörden

Warum schlug die Zürcher Polizei jetzt zu? Terrorexperte Peter Forster (74) ist sich sicher: «Der Nachrichtendienst des Bundes, der NDB, beobachtet die Schweizer Terrorszene genau, wie er auch die Gefahren im Nahen Osten präzis im Visier hält.» Der ehemalige Präsident der Eidgenössischen Staatsschutzkommission betont sogar: «Die Morde in Frankreich und Wien bestätigen die Warnungen unseres Geheimdienstes vor dem dschihadistischen Terror.» Namentlich bekannte IS-Verdächtige und IS-Reisende würden scharf überwacht. Jetzt erhöhe sich die Wachsamkeit.

Peter Forster, Ex-Chefredaktor von «Schweizer Soldat» und ehemaliger Präsident der Eidgenössischen Staatsschutzkommission.
Foto: zVg
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«Der Schweizer Nachrichtendienst ist über die Schläfer- oder Gefährder-Szene gut im Bild. Seine Abwehrkomponente kennt die gefährlichen Nester und Einzelpersonen. Es bleibt aber die berüchtigte Dunkelziffer», räumt der Ex-Chefredaktor der Zeitung «Schweizer Soldat» ein.

NDB hat vor Attentaten gewarnt

Seit 2017 sei das neue Gesetz zum Nachrichtendienst in Kraft. Die Schweizer Abwehr setze die Überwachung umfassend ein. «Wo Verdacht besteht, überwacht sie den Brief-, Telefon- und Mailverkehr. Und sie setzt V-Leute, verdeckte Ermittler ein, die früh vor Gefahren warnen.»

So habe der NDB bereits vor einem Monat in seinem Jahresbericht vor möglichen Attentaten gewarnt. Für Peter Forster ist die Tatsache, dass die Schweiz so selten zum Ziel islamistischer Anschläge wird, auch der Arbeit des NDB zu verdanken. Dass Gefährder oder Schläfer nicht dingfest gemacht werden können, liege nicht am Geheimdienst allein: «Für das Beobachten genügt ein Verdacht, für das Verhaften müssen harte Fakten her.»

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