Slowakischer Geheimdienst warnte vor dem Wien-Terroristen
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Innenminister räumt Fehler ein:Slowakischer Geheimdienst warnte vor dem Wien-Terroristen

Trickste die Sicherheitsbehörden aus
So hat der Killer von Wien die Justiz zum Narren gehalten

Der 20-jährige Attentäter von Wien, Kujtim F., war ein vorbestrafter Islamist. Die Behörden hielten ihn für kuriert und entliessen ihn vorzeitig aus der Haft. Österreichs Innenminister spricht von Versagen der Behörden.
Publiziert: 04.11.2020 um 04:49 Uhr
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Aktualisiert: 25.11.2020 um 12:33 Uhr

Der Attentäter von Wien, Kujtim F. (†20), sass wegen Mitgliedschaft in einer Terrorgruppe im Gefängnis. Vor elf Monaten wurde er vorzeitig entlassen. Am Montagabend richtete er in der Wiener Innenstadt ein Blutbad an. F. schoss mit seiner Kalaschnikow wahllos auf Menschen, die in Gastgärten einen lauen Novemberabend vor Österreichs Corona-Teil-Lockdown genossen. Vier Menschen starben, zahlreiche erlitten teils schwere Schuss- und Schnittverletzungen.

Sicherheitskräften gelang es, den Attentäter innerhalb von neun Minuten «auszuschalten». Davor war es der Justiz nicht gelungen, den österreichisch-nordmazedonischen Doppelbürger als Terrorgefahr zu erkennen. Der Einzeltäter «nützte das System perfide aus», sagte am Tag nach der Terrornacht Österreichs Innenminister Karl Nehammer (48).

Der Minister kritisiert die Justiz wegen der vorzeitigen Entlassung des Terroristen. Es müsse dabei angesetzt werden, einen «tatsächlichen Gefährder erkennbar zu identifizieren und dann gemeinsam mit der Justiz aus dem Verkehr zu ziehen», so Nehammer.

Der Killer von Wien, Kujtim Fejzulai (†20), hat die Behörden zum Narren gehalten.
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Minister: «Hat alle massiv getäuscht»

Zum Vergleich: In Grossbritannien haben vorzeitig freigelassene Islamisten gleich mehrere Attentate verübt. Das führte zu scharfer Kritik an den britischen Justizbehörden. Massnahmen wurden verschärft. Jetzt hat Österreich ein ähnliches Schicksal ereilt.

Der Attentäter von Wien war am 25. April 2019 wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation zu 22 Monaten Haft verurteilt worden. Schon am 5. Dezember wurde F. vorzeitig aus dem Gefängnis entlassen. Danach hatte er einen Bewährungshelfer. Ein Verein betreute ihn, der auf die «Entradikalisierung» radikalislamischer Straftäter spezialisiert ist. Überwacht wurde er nie.

Auch im Gefängnis muss er ganze Überzeugungsarbeit geleistet haben. Die Behörden schienen überzeugt, dass er sich vom Radikalismus abgewandt hatte. «Er hat offenbar alle, die hier nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt haben, massiv getäuscht und dadurch seine vorzeitige Entlassung erreicht», sagte Nehammer dem «Kurier».

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In Moschee radikalisiert

Selbst der Strafverteidiger, der F. 2019 im Prozess vertrat, bemerkte von dem Doppelspiel offenbar nichts. «Ich hätte das nie für möglich gehalten, dass er zum Attentäter wird», sagte Rechtsanwalt Nikolaus Rast zu österreichischen Medien. Der junge Mann habe das Pech gehabt, an die falschen Freunde zu geraten: «Wäre er nicht in eine Moschee, sondern zum Boxen gegangen, wäre er Boxer geworden», so Rast.

Auch der Verfassungsschutz wurde nicht aufmerksam, und unklar bleibt, wie F. an seine Waffen kam. Beim Attentat wütete er mit einem verkürztem AK-47 Kalaschnikow-Sturmgewehr, einer Pistole und einer Machete. Einen Mittäter gab es offenbar nicht, doch insgesamt 14 Personen aus seinem Umfeld wurden verhaftet. Bei der Stürmung einer Wohnung in Linz kam es zu einem Schusswechsel. (kes)

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