Pascal K. (23), der Linus A. (†24) in einer Höhle beim Bruggerberg zugrub, nahm kaum am Prozess teil
Warum musste der Killer nicht im Gerichtssaal sitzen?

Als der Mordprozess gegen Pascal K. (23) startete, wusste noch niemand im Gerichtssaal, wie er sich verhalten würde. Der Mann, der seinen Freund Linus A. (†24) in einer Höhle am Bruggerberg zugrub. Doch dann ging laut Anwalt der Opferfamilie sein «feiges Verhalten» los.
Publiziert: 20.10.2022 um 00:15 Uhr
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Aktualisiert: 21.11.2022 um 16:13 Uhr
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Ralph DonghiReporter News

Als hätten die Angehörigen von Linus A.** (†24) nicht schon genug darunter gelitten, auf welche Art und Weise ihr Liebster am 7. April 2019 in einer Höhle des Bruggerbergs von seinem Freund Pascal K.* (23) begraben wurde. Der IV-Bezüger brätelte sich danach neben der Höhle gar einen Cervelat.

Vor dem Bezirksgericht Brugg AG, das bei der mobilen Einsatzpolizei in Schafisheim AG tagte, wurden die Angehörigen gleich nochmals von K. enttäuscht. Schon kurz nach Prozessstart wollte er aufs WC. Zurück kam er nicht. Er wollte in einem Nebenraum befragt und per Kamera in den Gerichtssaal übertragen werden. Auch dort unterbrach K. für WC-Pausen oder trank, mit dem Gesäss gegen die Kamera gerichtet, Leitungswasser vom Hahnen.

Nicht zuletzt wollte oder konnte sich K. vor Gericht nicht mehr an alles erinnern – und blieb dem Prozess fortan fern.

Der Angeklagte (23) im roten Wollfaserpulli wird in den Gefangenenwagen verladen.
Foto: Ralph Donghi
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«Beinahe nicht ertragbar»

Patrick Bürgi, der Anwalt der Opferfamilie, fragte im zweiten Vortrag vor Gericht: «Warum sitzt er nicht hier? Warum lässt er sich nicht mit den Vorwürfen konfrontieren, damit es wenigstens den Anschein macht, als wollte er Verantwortung übernehmen?»

K. machte Angstzustände geltend. Bürgi sagte dazu: «Ganz offensichtlich entzieht er sich in jeder nur erdenklichen Lage seiner Verantwortung. Ein solches Verhalten ist feige und für die Hinterbliebenen des Opfers beinahe nicht ertragbar.»

Bürgi ergänzte, dass K. «gefühlskalt» sei. «Noch heute.» Er habe sich nie bei den Hinterbliebenen entschuldigt. K. habe «lapidar» gemeint, er kenne ja deren Adressen nicht. «Ganz einfach Humbug. Er will nicht. Wohl bereut er auch nicht.»

Beschuldigter muss nach Befragung nicht anwesend sein

Es stellt sich die Hauptfrage: Warum musste der Mörder nicht im Gerichtssaal sitzen? «Wir können keine Auskünfte zu prozessrechtlichen Fragen in einem laufenden Verfahren geben», sagt Corina Trevisan, Sprecherin der Aargauer Gerichte, zu Blick. Sie verweist auf die Bestimmungen in der Strafprozessordnung. Dort heisst es: Weigert sich eine bereits erschienene beschuldigte Person nach Klärung der Vorfragen, an den Ort der Gerichtsverhandlung zurückzukehren, so kann die Verhandlung ohne deren Anwesenheit fortgeführt werden.

Heisst: Rechtlich gesehen musste K. nach seiner Befragung nicht mehr anwesend sein. Einzig beim Schlusswort, in dem er sich im Beisein seines Anwalts und mit einem Zettel in der Hand bei der Opferfamilie zu entschuldigen versuchte, liess er sich nochmals per Videowand zuschalten. Doch auch da hätte K. nicht mehr anwesend sein müssen. Corina Trevisan von den Aargauer Gerichten: «Grundsätzlich hat die beschuldigte Person ein Aussageverweigerungsrecht, so auch bei einem Schlusswort.»

K. hätte ganz vom Prozess fernbleiben können

Für die Opferfamilie hätte es gar noch schlimmer kommen können. Denn: K. hätte auch gar nicht zum Prozess erscheinen müssen. Das Gesetz sieht vor, dass die Verfahrensleitung die beschuldigte Person auf ihr Gesuch hin vom persönlichen Erscheinen dispensieren kann, wenn diese wichtige Gründe geltend macht und wenn ihre Anwesenheit nicht erforderlich ist.

Ob K. beim Urteil am Donnerstag um 16 Uhr anwesend sein wird, ist unklar. Sicher ist: Sein Verhalten dürfte nicht strafmildernd sein.

* Name bekannt ** Name geändert

«Ich hoffe, dass ihr mich nicht sitzen lässt!»
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