Pascal K. (23) begrub seinen «Freund» Linus A. (†24) lebendig in einer Höhle am Bruggerberg
«Hilfe, lass mich frei, ruf die Rettungsflugwacht!»

Er ist angeklagt, sein Opfer am Bruggerberg lebendig in einer Höhle begraben zu haben. Seit Montag steht Pascal K. wegen Mordes vor dem Bezirksgericht Brugg.
Publiziert: 17.10.2022 um 06:40 Uhr
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Aktualisiert: 21.11.2022 um 16:14 Uhr
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Ralph DonghiReporter News

Warum hat Pascal K.* (23) seinen Freund Linus A.** (†24) lebendig in einer Höhle am Bruggerberg begraben? Seit Montag steht der Aargauer unter anderem wegen Mordes vor dem Bezirksgericht Brugg, ihm droht eine Haftstrafe von mehr als 16 Jahren. Zwar gibt K. zu, die Tat begangen zu haben. Aber sie erklären kann er vor Gericht nicht wirklich. Auch auf echte Reue oder eine Entschuldigung warteten die Opfer-Angehörigen vergeblich.

Die Anklage geht von einer Tat aus Eifersucht aus: Der angeklagte IV-Empfänger sei neidisch auf sein Opfer gewesen, weil Linus A. einen Job hatte. K. wollte, dass es seinem Kumpel «genauso scheisse» wie ihm selbst geht. Es soll schon eine Woche davor, im Kanton Tessin, zu einem ersten Mordversuch gekommen sein. Pascal K. hat seinen Freund bei einer Wanderung in die Tiefe gestossen. Das Opfer überlebte diesen ersten Anschlag mit Glück.

Angeklagter attackierte Mithäftling

Der Angeklagte wurde um 8 Uhr in Hand- und Fussfesseln in den Gerichtssaal geführt. Später beantwortet er Fragen aus einem Nebenraum per Videoübertragung.

Erst nach einem Jahr wurde die Leiche von Linus A. (†24) gefunden.
Foto: KAPO AG
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Er sei «ein wenig nervös», sagte der Angeklagte dem Gericht und kratzt sich am Kopf. Es sei alles ein wenig kompliziert für ihn, ergänzt er. Dann beginnt der Gerichtspräsident, ihn zu befragen. Pascal K. sagt, er mache nicht sehr viel im Gefängnis. Er sei gesundheitlich angeschlagen, liege viel herum und arbeite nur Dienstag bis Donnerstag. Auch hinter Gittern delinquierte er weiter, attackierte einen Mithäftling und musste deshalb vom Kanton Solothurn nach Lenzburg verlegt werden.

Mit seinem Opfer Linus A. hatte er früher viele Ausflüge unternommen, forderte ihn immer wieder zu Mutproben heraus. Am Tattag im April 2019 bestand die «Challenge» für Linus A. darin, sich in die Höhle am Bruggerberg zu quetschen. Pascal K. rollte dann einen schweren Stein vor die winzige Öffnung (30 x 50 cm). Sein Freund flehte um sein Leben. Aber der Angeklagte schüttete weiter Material vor den Eingang. Bis er nichts mehr hörte. Danach machte Pascal K. ein Feuer vor der Höhle und grillierte einen Cervelat. Laut dem Gutachter erfror Linus A. innert eines Tages.

«Ich hoffe, dass ihr mich nicht sitzen lässt!»
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«Hilf mir, lass mich frei, ruf die Rettungsflugwacht!»

Das Gericht will wissen: Warum hat Pascal K. seinen Freund lebendig begraben? «Ich weiss nicht, was mir damals durch den Kopf gegangen ist», sagt Pascal K. «Ich schnalle es heute noch nicht.» Er habe sich gar nichts dabei überlegt.

Pascal K. kann auch nicht beantworten, warum er dem Opfer zuvor die Uhr, die Jacke und das Handy abnahm. Und warum er Linus A. nicht geholfen hat, als dieser rief: «Hilf mir, lass mich frei, ruf die Rettungsflugwacht!» Pascal K.: «Keine Ahnung. Ich habe einfach weiter zugemacht, bis man nichts mehr von ihm gehört hat.»

Dann gibt der Angeklagte zu, dass er «ein paar Meter weiter neben dem Tatort noch ein Feuer gemacht und etwas gebrätelt» habe. Warum? «Ich hatte wohl Hunger.» Er sei am nächsten Tag nochmals rauf zur Höhle. Klopfgeräusche, so steht es in der Anklage, habe er aber keine gehört. Später sei er dann nicht mehr zurück an den Tatort. Nach einem Jahr, am 7. April, dem Todestag, sei er allerdings «schon sehr traurig» gewesen. In der Befragung sagte er auch: «Ich kann mir schon vorstellen, dass etwas mit mir nicht stimmt.»

Der Vater des Opfers brach im Gerichtssaal in Tränen aus, sagte über seinen toten Sohn: «Er fehlt uns. Er ist einfach weg.» Er ist überzeugt, dass der Beschuldigte seinen Sohn schon im Tessin umbringen wollte. «Sonst hätte er ihn festgehalten.» Es gehe ihm heute «überhaupt nicht gut», so der Vater des Opfers. Er bekomme Bauchschmerzen, wenn er darüber nachdenke, wie sein Sohn in der Höhle Todesangst gehabt haben müsse. «Zwei Minuten sind ja schon viel. Es ist brutal. Ein elender Tod. Das wünsche ich keiner Familie.» Sein Sohn werde immer bei ihnen bleiben.

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Prozess geht am Dienstag weiter

Der Vater des mutmasslichen Täters, Felix K.* (60), spricht mit Blick in einer Prozesspause: «Wir konnten ihn ab und zu besuchen für 45 Minuten.» Er und sein Sohn hoffen auf eine milde Strafe. «Er hat schon genug Probleme in seinem Leben gehabt. Es geht ihm nervlich nicht gut.»

Der Gutachter geht bei Pascal K. von einer Persönlichkeitsstörung aus. Zudem soll er ADHS und eine unterdurchschnittliche Intelligenz haben – er spricht von einem IQ um die 71. Der Angeklagte sei vor der mutmasslichen Tat «schon in verschiedenen Institutionen platziert» worden. Dabei gab es Auseinandersetzungen mit Patienten und Angestellten. «Er hat immer wieder Schwierigkeiten gehabt, Regeln zu akzeptieren», so der Gutachter weiter. Zudem habe er keine konstante Beziehung zu einem Menschen gehabt.

Am Dienstag geht es weiter mit den Plädoyers von Verteidigung, Staatsanwältin und den Opferanwälten.

*Name bekannt

**Name geändert

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