Virologe provoziert mit Masken-Aussage
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«Das ist kontraproduktiv»:Virologe provoziert mit Masken-Aussage

Leiter vom Virologischen Institut Zürich Cornel Fraefel fordert
«Geimpfte und Genesene sollen auf Maske verzichten»

Geimpfte und Genesene sollten, wo immer möglich, auf eine Schutzmaske verzichten, fordert Virologe Cornel Fraefel. Und wer sich noch nicht impfen lassen habe, solle dies unbedingt nachholen.
Publiziert: 24.12.2021 um 01:59 Uhr
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Aktualisiert: 31.12.2021 um 09:48 Uhr
Johannes Hillig und Sven Ziegler

Die Maske gehört mittlerweile zum Alltag. Kein Wunder: Vielerorts ist sie Pflicht. Besonders jetzt mit der hoch ansteckenden Corona-Variante Omikron. Denn mit ihr werden viele Infektionen verhindert.

Doch Cornel Fraefel (57), Leiter des Virologischen Instituts von der Universität Zürich, hält das Maskentragen nicht nur für eine gute Idee – zumindest bei Geimpften. «Die Maskenpflicht für Geimpfte führt nicht etwa zu einer Verkürzung der Pandemie, sondern sogar zu einer Verlängerung», sagt Fraefel zu Blick.

Denn wer sich nach einer Impfung mit Corona infiziere, erhalte einen natürlichen Booster. Dieser schütze deutlich besser vor einem schweren Verlauf, weil die Immunantwort des Körpers vielfältiger ausfalle. «Neben einem besseren Schutz wäre damit auch die Wahrscheinlichkeit kleiner, dass sich das Virus durch Mutation der Wirkung des Immunsystems entziehen kann», erklärt der Virologe.

Virologe Cornel Fraefel (57) fordert, dass Geimpfte und Genesene wo immer möglich die Masken ausziehen.
Foto: Simon Schwyzer
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Ungeimpfte sollen Maske tragen

Mit dem Tragen einer Schutzmaske verhindere man bei Geimpften und Genesenen die Stärkung dieser Corona-Immunität. Zudem komme der Körper deutlich weniger mit anderen Viren und Bakterien in Kontakt. Das könne «verheerende Folgen» haben. Fraefel zu Blick: «Das Immunsystem braucht Training, sowohl um gegen Viren und Bakterien als auch gegen Allergien, Autoimmunkrankheiten und Krebs gewappnet zu sein.»

Der Ratschlag des Virologen fällt daher eindeutig aus: «Ich empfehle Genesenen und Geimpften, auf die Schutzmaske zu verzichten, wo immer dies erlaubt ist.» Zudem würde dies ein klares Signal senden, dass sich die Impfung lohnt. Einzige Ausnahme seien Geimpfte mit hohem Risiko. Ungeimpfte hingegen sollten nicht auf die Maske verzichten – das Risiko eines schweren Verlaufs sei zu gross.

Auch andere Impfungen brauchen Booster

Fraefel betont zudem, dass die modernen mRNA-Impfstoffe sehr sicher seien und sich eine Impfung lohne. Denn die mRNA komme auch im Körper vor. «Ohne diese würden wir gar nicht existieren.» Zudem seien die Stoffe auch nicht erst für eine Behandlung von Covid-19 entwickelt worden, sondern kamen bereits viel früher zum Einsatz.

Dass sich der Schutz der Impfung mit der Zeit abbaue, sei völlig normal. Auch bei anderen Impfstoffen seien Booster-Impfungen nötig. Ein Beispiel dafür sei das FSME-Virus, das durch Zecken übertragen wird. Auch hier müsse drei Mal geimpft werden, danach halte der Schutz aber mindestens zehn Jahre an.

Mit der Impfung würden Gedächtniszellen aufgebaut, die bei einer Infektion das Virus abwehren könnten. Das würde helfen, die Immunität nachhaltig aufrechtzuerhalten. Für die Ungeimpften findet Fraefel daher deutliche Worte: «Warten Sie nicht darauf, dass Sars-CoV-2 verschwindet; da können Sie lange warten. Deshalb meine dringende Empfehlung: Lassen Sie sich impfen!»

«Im Moment wäre so eine Strategie jedoch der reine Wahnsinn»

Dass Genesene und Geimpfte jetzt die Masken ablegen, davon hält die wissenschaftliche Taskforce des Bundes nichts. «Das würde zu massiv mehr Virusübertragungen führen und früher oder später auch Personen mit Risikofaktoren betreffen. Das Resultat wären mehr Hospitalisierte und mehr Todesfälle», sagt Taskforce-Vizepräsident Urs Karrer zu Blick. Daher sei Cornel Fraefels Idee ethisch nicht vertretbar.

Das sieht auch die Genfer Virologin Isabella Eckerle so. Maskenverzicht? Nicht mit ihr! «Im Moment wäre so eine Strategie der reine Wahnsinn», sagt sie zu Blick. Auf Masken zu verzichten, würde eine breite Immunität in der Bevölkerung voraussetzen und eine Situation, wo sich das Virus nicht derart stark verändere wie jetzt gerade.

«Man muss jetzt boostern, was das Zeug hält»

Den Mund- und Nasenschutz abzulegen, sei in einer Endemie möglich, nicht in einer Pandemie, also einem weltweiten Infektionsgeschehen. Eckerle: «In der aktuellen Situation, in der die Klinikkapazität knapp ist und durch eine grosse Anzahl an Infizierten Einschränkungen in vielen Bereichen zu erwarten sind, wäre das eine sehr gefährliche Strategie, da man dadurch die ohnehin schon massiven Ansteckungen durch Omikron noch weiter antreiben würde.» Eine Impfung sei auch eine Art Training für das Immunsystem. Und darauf sollte der Fokus liegen. Nicht auf dem Maskenverzicht.

Überhaupt bereitet Eckerle die Omikron-Variante Sorgen, angesichts der niedrigen Impf- und Boosterquote. Zu Blick sagte sie diese Woche: «Man muss jetzt boostern, was das Zeug hält, und wahrscheinlich auch weitere Kontaktbeschränkungen andenken.»

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