Hier streitet Andrea F. erneut mit der Polizei
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«Diskriminiere Menschen nicht»:Hier streitet Andrea F. erneut mit der Polizei

Ikone der Skeptiker-Bewegung
Ist alles nur Show bei der Zürcher Wut-Wirtin Andrea F. ?

Andrea F. hat mit ihrem Wutanfall wegen Polizeikontrollen Berühmtheit unter den Skeptikern erlangt. Bloss: Blick-Recherchen zeigen, dass sich die Wirtin sehr wohl an die Regeln hält. Ist also alles nur Show? Blick hat Andrea F. besucht.
Publiziert: 13.10.2021 um 19:59 Uhr
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Aktualisiert: 13.10.2021 um 20:57 Uhr
Fabian Vogt

Sie hat es schon wieder getan. Andrea F.* hat sich mit der Polizei angelegt. «Bei mir dürfen Kunden auch ohne Zertifikat drinnen sitzen», sagt die Wirtin in einem neuen Video, das diese Woche vom bekannten Massnahmen-Skeptiker Robin Spiri auf Telegram geteilt wurde. Erst Ende September wurde die Wirtin schweizweit bekannt, als sie bei einer Zertifikatskontrolle ausflippte und sich dabei filmen liess.

Knapp 150 Rezensionen hat ihr Restaurant im Zürcher Säuilamt auf Google. Rund die Hälfte davon gab es seit der Blick-Berichterstattung über ihren ersten Ausraster.

Im neuen Video spricht sich die Italienerin erneut klar gegen die Zertifikatspflicht aus. Robin Spiri betitelt es mit: «Jetzt redet Andrea*.» Die Wirtin aus dem Säuliamt ist mit ihrer Haltung zu einer Ikone der Skeptiker-Bewegung geworden.

Der Brief an der Restauranttür macht klar: Hier hält man sich, wenn auch widerwillig, an die Zertifikatspflicht.
Foto: Fabian Vogt
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Als Italienerin sei sie früher diskriminiert worden

Hintergrund des Videos ist ein Zelt, das Andrea F. vor ihrem Restaurant aufgestellt hat. Dort darf sie, wenn mindestens zwei von vier Zeltwänden offen sind, auch Menschen ohne Zertifikat bedienen. Doch F. ist das nicht genug, sie klagt darüber, dass ihre Gäste krank würden, wenn sie im Durchzug sitzen müssten.

Der Polizist im Video scheint keine Lust zu haben, ihr die Gesetzeslage noch einmal zu erklären. Er sagt etwas resigniert, dass sich alle anderen Beizer auch an die Regeln halten würden. Andrea F. sagt wiederum, was sie seit Beginn erzählt: Ihr sei es egal, wenn sie wegen ihrer Meinung Geld verliert. Sie werde sich weiterhin weigern, Menschen zu diskriminieren. Sie sei als achtjähriges Mädchen angespuckt worden, weil sie Italienerin sei. Sie weigere sich, nun selbst Menschen zu diskriminieren.

12 Mal kontrolliert, nie angezeigt

Aber stimmt das auch? Ist Andrea F. eine Heldin der Skeptiker, weil sie es sogar mit der Polizei aufnimmt? Zwölfmal sei die Polizei bereits bei ihr gewesen, sagt die Wirtin zu Blick. Eine Anzeige habe sie bisher aber nicht erhalten. Ein Polizeisprecher bestätigt das gegenüber Blick. Ein Dutzend Mal geklingelt und nichts passiert? Wie viele Warnungen darf ein Mensch erhalten, bis es Konsequenzen hat? Der Sprecher sagt: «Die Kantonspolizei Zürich kontrollierte das Restaurant seit Inkrafttreten der Zertifikatspflicht bis heute mehrfach. Nachdem anfänglich gewisse Mängel festgestellt und beanstandet wurden, sind bei den anschliessenden Kontrollen keine Widerhandlungen gegen die Covid-19-Verordnung festgestellt worden.»

Die Aussagen beissen sich. Warum fährt die Polizei ständig vorbei, wenn ja alles in Ordnung ist? Entweder tut Andrea F. nur so, als ob sie das Gesetz bricht, hält die Auflagen aber ein. Oder die Kontrollen der Polizei sind nicht über alle Zweifel erhaben. Blick macht die Probe aufs Exempel und fährt am Mittwoch ins Säuliamt. Im Restaurant brennt schwaches Licht, vor der Tür aber hängt ein Zettel: «Während der Zertifikationspflicht halten wir für Sie die Terrasse offen. Die Innenräume bleiben geschlossen».

Warum tut Andrea F., was sie tut?

Im Zelt ist es gemütlich, mit Heizpilzen und Wolldecken gegen die Oktoberkälte, ein Freiheitstrychler-T-Shirt hängt am Eingang, Ratschläge, wie man sich bei Polizeieinsätzen verhalten soll, liegen auf dem Tisch. Es wird klar: Andrea F. lebt für das, was sie sagt. Es wird aber auch klar: Hier wird das Gesetz entgegen ihrer Aussage gar nicht gebrochen.

Warum also die Show? Schliesslich machen ihr die vielen Polizeikontrollen offensichtlich zu schaffen. Ihre nervliche Anspannung in den Videos ist erkennbar. Gegenüber Blick gibt sie an, wegen der Kontrollen auch Kunden zu verlieren. Einmal sei die Polizei sogar zweimal an einem Tag bei ihr gewesen. Wie solle sie da noch arbeiten können? Doch wehren tut sie sich nicht dagegen – im Gegenteil. Sie scheint alles nach Vorschrift zu erledigen, tut aber alles, um in der Öffentlichkeit das Gegenteil zu suggerieren. Die Instagram-Videos werden mit ihrer Erlaubnis veröffentlicht, auf der Restaurant-Webseite weist sie auf die Schliessung des Innenbereichs nicht hin, und die Google-Rezensionen kommentiert sie mit Herzchen-Emojis.

Die Polizei wiederum ist verpflichtet, jedem Hinweis nachzugehen. Ob dies bei der Wirtin nun die Videos, Medienartikel, Rezensionen oder anderes sind, will sie nicht verraten.

Sie hofft, dass andere mitziehen

Eine echte Begründung, warum sie so handelt, gibt Andrea F. nicht. Sie hoffe, dass andere Wirte ebenfalls aufwachen. Es gehe ihr zudem nicht primär um die Impfung. Sondern um das Recht am eigenen Körper, das man heute schon verteidigen müsse. Während sie mit Blick redet, kommen Gäste, zwei ältere Frauen. Sie bezeichnen Andrea F. als «Heldin».

Das sei das erste Mal gewesen, dass sie jemand so genannt habe, sagt sie zu Blick. Als Heldin sehe sie sich keineswegs. Eine Ikone ist sie aber trotzdem geworden. Und wenn sie weiterhin etwas anderes sagt, als sie tut, dürfte sich weder an ihrem Status noch an den regelmässigen Polizeieinsätze etwas ändern.

* Name geändert

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