Enttäuscht von der Kirche
Präventionsexpertin verlässt plötzlich Bistum Chur

Sie hat genug von der Kirche und verlässt deswegen nun das Bistum Chur. Per Ende August räumt die Expertin für Gewaltprävention Karin Iten ihren Posten.
Publiziert: 01.06.2023 um 12:07 Uhr

Die Expertin für Gewaltprävention Karin Iten verlässt per Ende August das Bistum Chur. Zuvor hatte sie den umstrittenen «Verhaltenskodex zum Umgang mit Macht. Prävention von spirituellem Missbrauch und sexueller Ausbeutung» konzipiert. Ihren Weggang begründete sie unter anderem mit ihrer feministischen Orientierung.

«Als feministisch orientierte Frau kann ich den systembedingten Ausschluss von Frauen vom kirchlichen Amt kaum mit meinem Gerechtigkeitssinn vereinbaren», liess sich Iten in der Mitteilung des Bistums vom Donnerstag zitieren. Chancengleichheit werde ignoriert. Deshalb sei es nun an der Zeit, nach der erfolgreichen Einführung des Verhaltenskodex' ausserhalb der Kirche weiterzuarbeiten.

«Ihre ehrliche Stimme wird uns als Kirche bitter fehlen»

Das Bistum selber schickte Iten nur lobende Worte mit auf den Weg. «Karin Iten hat mutig und unbeirrt die tieferen Ursachen von Missbrauch in der Kirche beim Namen genannt. Ihre ehrliche Stimme wird uns als Kirche bitter fehlen», schrieb etwa die Synodalratspräsidentin Franziska Driessen-Reding. Auch Bischof Joseph Maria Bonnemain liess verlauten, dass die Fachkompetenz Itens eine grosse Lücke hinterlassen werde.

Karin Iten verlässt das Bistum Chur Ende August.
Foto: MALI LAZELL
1/4

Der Verhaltenskodex, der Iten zusammen mit einem Kollegen erarbeitet hatte, zielt darauf ab, sexuelle Übergriffe und spirituellen Missbrauch in der Kirche zu verhindern.

Kodex ist ein Beitrag zur Wahrung der Würde der Menschen

Das Leitwerk ist für alle Seelsorgenden, Mitarbeitenden und Führungspersonen des Bistums und der Kantonalkirchen verbindlich. Darin heisst es etwa: «Ich unterlasse jegliche Form von Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung oder Identität», oder «Wenn ich in der Seelsorge den Wunsch nach einer privaten oder sexuellen Beziehung verspüre, vermittle ich die betreffende Person an andere Seelsorgende weiter».

Der Kodex sei ein Beitrag zur Wahrung der Würde der Menschen, sagte der Churer Bischof vor rund einem Jahr. Anfänglich musste sich das Bistum jedoch weitreichenden Widerständen stellen. Aus dem In- und Ausland kritisierten eher konservative Mitglieder der katholischen Kirche das Leitwerk. Unter anderem, weil darin Homosexualität erwähnt wird. Mittlerweile ist der Verhaltenskodex jedoch etabliert und wurde auch von anderen Diözesen adaptiert. (SDA)

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?