Weitere grosse Felsbrocken schlagen im Tal auf
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Blockschlag am Mittwochmittag:Weitere grosse Felsbrocken schlagen im Tal auf

Der Brienzer Berg bröckelt so stark wie noch nie – das musst du jetzt wissen
Warum kommt die Phase Blau nicht?

Am Dienstag ist am Bröckel-Berg in Brienz GR ein Teil der sogenannten Insel ins Tal gedonnert. Die Aktivität am Hang nimmt zu. Blick liefert Antworten zu den wichtigsten Fragen.
Publiziert: 14.06.2023 um 17:08 Uhr
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Aktualisiert: 16.06.2023 um 06:31 Uhr
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Georg NopperRedaktor News

Wie viel Gestein stürzte jetzt ins Tal?

Dienstag und Mittwoch haben sich in Brienz wieder mehrere Felsstürze ereignet. Christian Gartmann, Kommunikationsbeauftragter des Gemeindeführungsstabs: «Der Felssturz vom Dienstag hatte ein Volumen von einigen Tausend Kubikmetern und mit den vielen Blockschlägen der letzten Tage dürften noch einige Tausend dazugekommen sein. «Genauer können wir das Volumen im Moment nicht beziffern, aber verglichen mit dem Volumen der gesamten Insel waren es in den letzten Tagen nur einige Promille, seit Ostern vielleicht ein paar Prozente.»

Treten die Felsstürze in den letzten Tagen gehäuft auf?

Wie die Gemeinde Albula/Alvra auf Twitter schreibt, bewegen sich Teile der Insel jetzt mehr als fünf Meter pro Tag. Bei der Insel handelt es sich um den Teil des Hangs, der am stärksten in Bewegung ist. Laut Gartmann hat die Anzahl der Ereignisse am Berg in den vergangenen Tagen zugenommen. «Es waren vor allem Blockschläge und ein paar kleine Felsstürze.»

Schuttstrom, Bergsturz, viele kleinere Felsstürze: Wie gross sind die Eintretenswahrscheinlichkeiten der drei Szenarien aktuell?

Zu Beginn der Evakuierung stuften die verantwortlichen Geologen als wahrscheinlichstes Szenario ein, dass es zu vielen kleineren Felsstürzen kommt. Die Situation hat sich seither leicht verändert. Als unwahrscheinlichstes Szenario gilt nach wie vor der grosse Bergsturz. Doch: «Die Daten und Beobachtungen der Fachleute deuten darauf hin, dass ein Schuttstrom wahrscheinlicher geworden ist», sagt Gartmann zu Blick. Ob zum jetzigen Zeitpunkt die vielen kleineren Felsstürze oder der Schuttstrom eher eintreten wird, kann Gartmann nicht sagen. «Die entsprechenden Berechnungen sind sehr komplex und brauchen Zeit. Weil das Dorf bereits evakuiert ist, hat dies im Moment keine Priorität. Wichtig ist, dass der grosse Bergsturz nach wie vor nicht ausgeschlossen werden kann. Es ist deshalb unsere Pflicht, die Evakuierung aufrechtzuerhalten, um Menschenleben zu schützen.»

Ein Schuttstrom ist wahrscheinlicher geworden, sagt der Kommunikationsverantwortliche des Gemeindeführungsstabs, Christian Gartmann.
Foto: Nathalie Taiana
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Weshalb kommt die Phase Blau nicht?

Die Phase Blau ist die höchste Gefahrenstufe vor dem Abbruch des Berges. In dieser Phase würden auch die Albulalinie der Rhätischen Bahn sowie die Kantonsstrassen von Tiefencastel nach Filisur und nach Lenzerheide gesperrt. «Die Phase Blau wird dann begonnen, wenn wir sehen, dass ein grosser Felssturz oder ein Bergsturz bevorsteht, der die weit unter dem Dorf gelegene Eisenbahnlinie und die Strasse entlang der Albula erreichen kann», sagt Gartmann. «Das ist heute nicht der Fall. Was die Zukunft bringt, beurteilen unsere Expertenteams Tag für Tag neu.»

Können die Bauern bald wieder auf die Wiesen im Sperrgebiet?

Die Brienzer Bauern hatten am Dienstag die Möglichkeit, in einem bestimmten Zeitfenster ihre Wiesen im Sperrgebiet zu betreten. Angesichts der Aktivität am Berg musste die Übung vorzeitig abgebrochen werden. «Die Lage wird jeden Tag mehrmals beurteilt. Im Moment ist sie zu unsicher, um einen Zutritt der Landwirtschaft zu ermöglichen», sagt Gartmann.

Wie geht es weiter?

«Wenn die Vorgänge am Berg sich verändern, sprechen wir von einem Prozesswechsel. Vom bisherigen Rutschen mit steigender Beschleunigung wechselt die Insel in einen neuen Prozess.» Eine Prognose, welcher Prozess eintreten wird, ist laut Gartmann aber nicht möglich. «Wir sehen erst, was passiert, wenn es tatsächlich so weit ist. Bei einem Felssturz oder einem grossen Bergsturz sieht man das sofort. Der Übergang zu einem Schuttstrom ist aber fliessend und nicht scharf. Hier kann es dauern, bis man ihn eindeutig nachweisen kann.»

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