Hier kriegt Silab Selman die 90-Franken-Busse
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Wegen Beamtenbeleidigung:Hier kriegt Silab Selman die 90-Franken-Busse

90 Franken wegen Beleidigung
Gimma zahlt Bieler (18) die «Sound of da Police»-Busse

Ein Bieler Student postet ein Video auf Tiktok. Dort zeigt er, wie er von zwei Polizisten gebüsst wird – weil er ein Hip-Hop-Lied gesungen hat. Rapper Gimma eilt dem 18-Jährigen nun zur Hilfe.
Publiziert: 29.04.2021 um 10:41 Uhr
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Aktualisiert: 29.04.2021 um 11:05 Uhr
Der Bündner Rapper Gimma bezahlt die Busse eines Bieler Teenagers.
Foto: zvg/Livia Mauerhofer
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Anastasia Mamonova und Sven Ziegler

Silab Selman (18) ist Hip-Hop-Fan. Der 90er-Song «Sound of da Police» vom US-Rapper KRS-One wurde ihm letzte Woche jedoch zum Verhängnis.

Der Bieler Student läuft am Montag vor einer Woche mit zwei Freunden durch den Bahnhof in Biel BE, als sie zwei Velo-Polizisten im Einsatz antreffen. «Whoop, Whoop, that's the Sound of da Police» singt Selman, während sie den Beamten begegnen.

Der Polizist glaubt jedoch, die Zeilen eines entsprechenden Covers gehört zu haben. Dort rappt der französische DJ Cut Killer «Assasin de la Police» – übersetzt «Polizistenmörder». Der Polizist brummt Selman deshalb eine 90 Franken-Busse wegen Beamtenbeleidigung auf.

Das Tiktok-Video des Teenagers, in dem er erfolglos das Missverständnis aufzuklären versucht, geht viral und schlägt Wellen.

«Ich finde die Busse unnötig, kontraproduktiv und problematisch»

Auch der Bündner Rapper Gimma wird darauf aufmerksam. «Ich habe von der Geschichte bei Blick erfahren», sagt er. Der 41-jährige Churer teilt den Artikel auf Facebook und schreibt: «Falls jemand den jungen Mann kennt: Ich zahle seine Busse.»

Diese sei «unrecht» in seinem Empfinden, erklärt er gegenüber Blick seine Absichten. «In meinem letzten Buch ‹#Scheitera› habe ich ausführlich über Autoritäts-Schikanen der heutigen Zeit geschrieben und finde diese spezifische Busse nicht nur unnötig, sondern sogar kontraproduktiv und problematisch. Vor allem, nachdem ich das Video gesehen habe.»

«Wir haben jahrzehntelang ‹Whoop Whoop› auf der Strasse gesungen»

Deshalb habe er sich entschieden, die Busse zu zahlen. «Ich wollte etwas Konstruktives zur Situation beitragen, ohne Ansage oder Hatespeech gegen die Polizei. Ich wollte aber vor allem Silab zeigen, dass es durchaus erwachsene Menschen mit Nachsicht für ihn gibt. Er war mir sympathisch.»

Gimma erinnert sich, wie es früher war: «Wir haben jahrzehntelang ‹Whoop Whoop› auf der Strasse gesungen, wenn Polizisten vorbeifuhren, und ich mag mich nicht erinnern, dass jemals jemand im Dienst deswegen ernsthaft wütend gewesen wäre, eher im Gegenteil.» Er möchte deshalb «den Diskurs in dieser Sache aufgreifen und auch der Polizei eine Tür zu öffnen.»

Busse bezahlt und Album spendiert

Sein Appell hatte Erfolg. «Habe dem jungen Mann soeben die Busse bezahlt und 30.- draufgelegt, damit er sich ‹Return of the Boombap› von KRS ONE reinzieht. Da ist der Song drauf», schreibt Gimma am Dienstagabend auf Facebook.

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Nach seinem Aufruf habe sich der 18-Jährige bei ihm gemeldet. «Er hat sich sehr gefreut, dass jemand seine Situation ernst nimmt und sich für seine Sache einsetzt. Das Geld hätte er nicht einmal unbedingt gewollt, aber es lag mir daran. Für ihn steht sein Recht im Vordergrund und dies unterstütze ich völlig», erklärt Gimma.

«Gimma versteht mich»

Dass sich ein Promi für ihn einsetzt, hätte Selman nicht erwartet. «Als Gimma mir geschrieben hat, war ich erst mal verblüfft. Ich hätte nie gedacht, dass so was vorkommt: Wer bezahlt schon einem Fremden die Busse? Ich bin ihm unglaublich dankbar für diese Tat», sagt er zu Blick.

«Mir geht es nicht um diese 90 Franken, sondern ums Prinzip. Das habe ich auch Gimma gesagt – er versteht mich, schliesslich kennt er sich mit Musik aus», sagt der Student.

Kommts zu einem Treffen mit dem Polizisten?

Silab Selman würde sich nun freuen, wenn er die Möglichkeit auf ein Gespräch mit dem Beamten bekäme. «Auch wenn ich weiss, dass das sehr schwierig wird», räumt er ein.

«Ich will bei den Behörden einfach nur Verständnis für die Musik erwecken. Ich habe niemanden beleidigt oder mich sonst falsch verhalten. Es ist menschlich, dass Fehler passieren und vielleicht ist dem Polizisten hier ein Fehler unterlaufen. Trotzdem wünsche ich mir, dass sowas nicht mehr passiert.»

Auch Gimma möchte das Gespräch mit dem Beamten suchen. «Grundsätzlich schätze ich alle nachhaltigen Diskussionen, egal mit wem, egal zu welchem Thema», sagt der Rapper. «Wenn sich der Polizist auch noch meldet, gehe ich mit dem zum Bier und erkläre ihm Hip-Hop.»

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