«Alertswiss» alarmiert bei Katastrophen, aber...
In der Schweiz gibt es zu viele Warn-App-Muffel

Nach den Unwettern streitet man sich in Deutschland über das bundesweite Alarm-System. In der Kritik steht auch die Warn-App NINA. Der Vorwurf: Zu wenig Menschen würden sie benützen. In der Schweiz sieht es ähnlich aus.
Publiziert: 22.07.2021 um 17:12 Uhr
|
Aktualisiert: 22.07.2021 um 18:44 Uhr
Martin Bruhin

Die Unwetter der letzten Woche haben in Deutschland eine Spur der Zerstörung hinterlassen. Die Fluten haben Autobahnen überschwemmt, Häuser mitgerissen und ganze Ortschaften verwüstet. Rund 170 Menschen sind tot – viele werden noch immer vermisst.

Retter suchen immer noch nach über 1000 Vermissten
1:32
Traurige Aufräumarbeiten:Retter suchen immer noch nach über 1000 Vermissten

Nach der katastrophalen Flut streitet man sich im Nachbarland wegen des bundesweiten Alarm-Systems. In der Kritik steht auch die Warn-App NINA des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK).

Nach der Flutkatastrophe ist aber klar, dass viel zu wenig Menschen die App nutzen, auf die das BBK eigentlich als zentrales Element gesetzt hat. Sogar ein Werbefilm wurde dafür produziert. Wie die Zeitung «BILD» schreibt, hat NINA rund neun Millionen Downloads. Damit werden auf diesem Weg gerade mal etwas mehr als zehn Prozent der Bevölkerung vor Flutkatastrophen, Hitzewellen oder Terror-Angriffen gewarnt.

Nach der Flutkatastrophe streitet man sich in Deutschland über das bundesweite Alarm-System.
Foto: AFP
1/8

Ziel: Pro Haushalt ein Nutzer der Warn-App

Auch in der Schweiz gibt es so eine Warn-App. Unser Pendant heisst «Alertswiss». Die App warnt beispielsweise bei Naturgefahren wie Hochwasser, Lawinen oder Murgängen, aber auch bei Pandemien, Trinkwasserverschmutzungen oder Reaktorunfällen. Herausgeber ist hierzulande das Bundesamt für Bevölkerungsschutz (BABS).

Zwar hat die Entwicklung lange vorher begonnen, die App gibt es in dieser Form aber erst seit 2018, wie Kommunikationschefin Sandra Walker (60) gegenüber Blick sagt. «Inzwischen haben wir gegen eine Million Nutzer.» Aus Sicht des BABS ist dies eine grosse Nutzer-Zahl. Doch prozentual gemessen an der Bevölkerung ist das ein ähnlicher Wert wie in Deutschland.

Die App komme ohne jegliches Marketing aus, erklärt Walker. Sie gibt aber auch zu: Ähnlich wie in Deutschland gibt es auch hierzulande grosses Wachstumspotenzial. Das BABS will entsprechend noch mehr Menschen für die App gewinnen. «Pro Haushalt streben wir eine Person an, die die App hat», sagt Walker.

Die App habe aber innerhalb kürzester Zeit ein unglaublich starkes Wachstum verzeichnet, sagt Walker. Für besonderen Schub sorgten Corona und der Ausfall der Notrufnummern.

Ein weiterer Lichtblick: «Seit März 2021 verbreitet Alertswiss seine Alarmierungsmeldungen auch via MeteoSwiss-App.» Damit können im Ernstfall laut Walker rund drei Millionen weitere Menschen erreicht werden.

Schweiz verfolgt Multikanal-Strategie

Doch wie funktioniert die App? Die Informationen für die Warn-Meldungen kommen von verschiedenen Stellen. Jedoch entscheidet jeder Kanton selber, welche Meldung er über AlertSwiss kommunizieren will. «Die Kantone verantworten den Einsatz von AlertSwiss», sagt Walker.

Deshalb werden die Meldungen an AlertSwiss jeweils auch von der Einsatzzentrale der kantonalen Polizei ausgelöst. Hierzulande steht aber nicht die Warn-App im Mittelpunkt. «In der Schweiz verfolgen wir eine Multikanal- Strategie. Die App ersetzt weder die Sirene noch den Alarm über das Radio, alles ergänzt sich», sagt Walker.


Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?