Sie kämpft für die Frauen, die nach ihr kommen
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Urwyler verklagt Inselspital:Sie kämpft für die Frauen, die nach ihr kommen

Ärztin Natalie Urwyler (47) hat das Inselspital wegen Lohndiskriminierung auf 5 Mio Franken verklagt
Sie kämpft für die Frauen, die nach ihr kommen

Als Oberärztin engagiert sich Natalie Urwyler (47) für besseren Mutterschutz – und ihr wird vom Inselspital unrechtmässig gekündigt. Sie fordert vom Spital den Lohn, den sie wegen Karriere-Zerstörung verpasst hat. Nächste Woche könnte es zum Entscheid kommen.
Publiziert: 26.08.2021 um 07:01 Uhr
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Aktualisiert: 01.09.2021 um 08:36 Uhr
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Jana Giger

Lohngleichheit, besserer Schutz für schwangere Frauen und dieselben Karrierechancen wie Männer. Das fordert Natalie Urwyler (47). Und dafür setzt sich die Ärztin mit Herzblut ein – und einer Fünf-Millionen-Klage gegen das Inselspital. Ihr Engagement kommt aber nicht von ungefähr.

Die Top-Anästhesistin, die sogar in Stanford, Kalifornien, geforscht hat, arbeitet zehn Jahre lang als Oberärztin im Inselspital Bern. Dort erlebt sie, wie vorgeschriebene Mutterschutz-Richtlinien nicht umgesetzt werden: Schwangere müssen viel zu lange arbeiten und sind Röntgenstrahlen oder Lösungsmitteln ausgesetzt, die gefährlich für das Ungeborene sind.

Als es einer schwangeren Arbeitskollegin nicht gut geht, organisiert Urwyler deren Einsätze im Spital so um, dass sie mit den gesetzlichen Vorschriften vereinbar sind. Das kommt bei ihren Vorgesetzten nicht gut an. Der Vorfall löst eine Diskussion über den Mutterschutz im Inselspital aus – und ist der Ursprung eines Konflikts, der sich noch über Jahre hinwegziehen wird.

Natalie Urwyler (47) setzt sich für einen besseren Schutz von Frauen und Schwangeren am Arbeitsplatz ein.
Foto: Isabelle Favre
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Kündigung während Mutterschaftsurlaub

Als Urwyler selbst ein Kind bekommt, möchte sie sechs Monate unbezahlten Urlaub nehmen – das Inselspital verweigert ihr die Bitte. Erst nach ausführlichen Gesprächen genehmigen sie der Ärztin die Pause. Doch dann erhält Urwyler während des Urlaubs im Juni 2014 vom Inselspital die Kündigung. Der Grund: «Ein komplett zerrüttetes Vertrauensverhältnis».

Urwyler sucht nach einer neuen Stelle als Anästhesistin. «Ich habe mich bei mehreren Spitälern in der Schweiz beworben, bekam aber einfach keine Antwort», sagt sie zu Blick.

Durch einen Zufall ergibt sich dann doch noch ein Vorstellungsgespräch – bei einer Person, die Urwyler kennt. «Von ihr habe ich erfahren, dass das Inselspital andere Spitäler vor mir gewarnt hat. Sie sagten, dass man mich nicht einstellen soll, weil ich einen schwierigen Charakter hätte», sagt Urwyler. «Das war das Schlimmste, was ich je erlebt habe in meinem Leben. Ich war enorm traurig und weinte nach dem Gespräch im Auto.» Da fasst Urwyler den Entschluss, sich zu wehren.

Sie geht vor Gericht und bekommt recht: Es handelt sich um eine Rachekündigung. Das Inselspital akzeptiert den Entscheid. Doch der Fall Urwyler ist noch lange nicht abgeschlossen.

Heute startet der Podcast

Die Journalistinnen Charlotte Theile, Franziska Engelhardt und Monika Rufener begleiten Natalie Urwyler seit einem Jahr mit dem Mikrofon. Die fünfteilige Audio-Doku «Die Akte Urwyler» erzählt am Beispiel einer Frau, wo die Gleichstellung in der Schweiz im Jahr 2021 steht.

In der ersten Folge treffen sie die Ärztin zu Hause im Wallis. Gemeinsam mit deren Mutter Doris Urwyler reisen sie zurück an den Anfang der Geschichte. In eine Kindheit, die keinen Unterschied zwischen Mädchen und Buben kannte. Und zu einer Karriere, die lange wie am Schnürchen verlief – bis dann alles doch ganz anders kam.

Zu hören ist das Audio-Format ab Donnerstag, 26. August, auf Blick.ch, Spotify, Apple Podcasts und anderen Plattformen. Bis und mit 30. August wird jeden Tag eine neue
Folge aufgeschaltet.

Die Journalistinnen Charlotte Theile, Franziska Engelhardt und Monika Rufener begleiten Natalie Urwyler seit einem Jahr mit dem Mikrofon. Die fünfteilige Audio-Doku «Die Akte Urwyler» erzählt am Beispiel einer Frau, wo die Gleichstellung in der Schweiz im Jahr 2021 steht.

In der ersten Folge treffen sie die Ärztin zu Hause im Wallis. Gemeinsam mit deren Mutter Doris Urwyler reisen sie zurück an den Anfang der Geschichte. In eine Kindheit, die keinen Unterschied zwischen Mädchen und Buben kannte. Und zu einer Karriere, die lange wie am Schnürchen verlief – bis dann alles doch ganz anders kam.

Zu hören ist das Audio-Format ab Donnerstag, 26. August, auf Blick.ch, Spotify, Apple Podcasts und anderen Plattformen. Bis und mit 30. August wird jeden Tag eine neue
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Klage für zerstörte Karriere

Urwyler, die nach monatelanger Jobsuche 2015 schliesslich eine Anstellung als stellvertretende Oberärztin in der Abteilung für Intensivmedizin im Spital Sitten bekommt, verklagt das Inselspital auf fünf Millionen Franken – das Salär, das ihr entgangen sein soll, weil sie ihre vielversprechende Karriere nicht wie geplant hatte fortsetzen können. Eine Professur wäre mit ihrem Lebenslauf nur eine Frage der Zeit gewesen.

Der Betrag wurde ausgehend von einem durchschnittlichen Männer-Gehalt berechnet. Von diesen fünf Millionen zählt knapp eine Million als Rentenschaden. Sollte Urwyler gewinnen, wäre sie die erste Frau, die in der Schweiz ein Männer-Gehalt erstritten hat. Beim Vergleichsverfahren am 31. August könnte endlich die Entscheidung fallen. Dabei kommen Urwyler und das Inselspital zu einem Gespräch zusammen, um eine Einigung zu finden.

Urwyler verlangt vom Inselspital, dass die Frauen die gleichen Rechte und Löhne haben wie Männer. «Ich möchte Taten sehen», sagt sie. «Ich hoffe sehr, dass wir uns am 31. August einigen können. Dieser Prozess bringt im Einzelfall nicht viel, er hat nur einen Sinn, wenn es den Frauen, die nach mir kommen, besser ergeht.»

Ungerechte Behandlung am Arbeitsplatz

Liebe Blick-Leserinnen, wurde Ihnen schon einmal unfairerweise gekündigt? Oder sind Sie am Arbeitsplatz diskriminiert oder wegen Ihres Geschlechts schlecht behandelt worden? Dann schicken Sie uns eine kurze Nachricht oder Sprachnachricht über Whatsapp (076 266 88 78) und werden Sie Teil der Podcast-Serie «Die Akte Urwlyer – Was kostet das Frau-Sein?».

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