500 Millionen mehr Kosten
Darum will der Bundesrat bei den Physiotherapeuten den Rotstift ansetzen

Mit der Einführung einer Zeitkomponente bei den Physiotherapeuten will Gesundheitsminister Alain Berset den Kostenanstieg im Gesundheitswesen abbremsen. Hintergrund ist der drohende Prämienschock im Herbst.
Publiziert: 07.09.2023 um 23:59 Uhr
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Aktualisiert: 08.09.2023 um 10:15 Uhr
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Martin MeulReporter News

Das wird richtig teuer. Auch für das Jahr 2024 werden wir für die Krankenkassenprämien wieder mehr auf den Tisch legen müssen. Viel mehr. Im Schnitt steigen die Prämien um sechs Prozent, in manchen Kantonen können es aber auch bis zu neun Prozent sein. 

Grund für den kommenden Prämienschock: die Gesundheitskosten steigen und steigen. Sie haben bis Mitte des Jahres um fast 7,8 Prozent zugelegt. In Kanton Uri sind es sogar happige 13 Prozent.

Gesundheitsminister Alain Berset will darum bei der Physiotherapie den Rotstift ansetzen.
Foto: keystone-sda.ch
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Physiotherapie schuld?

Die Schuldigen für den Kostenanstieg sind laut Gesundheitsminister Alain Berset (SP) teurere stationäre Spitalaufenthalte, höhere Kosten für Medikamente und die Physiotherapie. Zum Vergleich: Während die Bruttokosten pro Versicherten für alle Leistungen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung zwischen 2011 und 2021 jährlich um durchschnittlich 2,8 Prozent zugelegt haben, waren es bei der ambulanten Physiotherapie mit 6,9 Prozent mehr als doppelt so viel. In Zahlen beträgt der Kostenanstieg in den letzten zehn Jahren rund 500 Millionen Franken!

Dem will der Gesundheitsminister nicht länger zuschauen. Mitte August verfügte Berset, dass die Physiotherapeuten den Gürtel enger schnallen müssen. Die derzeit gültigen Pauschalen sollen mit einer Zeitkomponente ergänzt werden. Davon erhofft sich der Bundesrat einen kostendämpfenden Effekt. «Nicht zuletzt ermöglicht die genaue Angabe der Mindestdauer einer Sitzung den Patienten eine bessere Kontrolle der in Rechnung gestellten Leistungen», heisst es in einer entsprechenden Mitteilung. 

«Nicht prämienrelevant»

Bei den Physiotherapeuten kommen die Pläne des Bundesrats denkbar schlecht an. Sie fürchten um ihre Zukunft. Schon jetzt sei es kaum möglich, kostendeckend zu arbeiten, so der Tenor. Physiotherapeutin Anja Katharina Schmid (29) aus Ausserberg VS gibt noch einen weiteren Punkt zu Bersets Sparplänen zu bedenken. «Ja, die Kosten für Physiotherapie sind gestiegen», gibt sie zu. Betrachte man die Kosten der Physiotherapie in den Gesamtkosten des Gesundheitssystems, so mache ihr Berufsstand gerade einmal 3,6 Prozent aus. «Der Anteil der Physiotherapie an der Kostensteigerung ist also minim und nicht prämienrelevant», so Schmid.

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