«Dieser Vorfall könnte sich heute nicht mehr ereignen»
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Jacqueline Fehr versichert:«Dieser Vorfall könnte sich heute nicht mehr ereignen»

Zürcher Justizdirektorin nimmt Stellung zum Daten-Skandal
Darum hat Fehr nicht früher informiert

Die Aufarbeitung des Festplatten-Skandals in der Zürcher Justizdirektion gestaltet sich schwierig. Das Problem: Wichtige Dokumente hat die Behörde vor einigen Jahren entsorgt. Heute will Regierungsrätin Fehr sich zum Skandal äussern.
Publiziert: 06.12.2022 um 08:37 Uhr
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Aktualisiert: 06.12.2022 um 14:12 Uhr

Die Zürcher Justizdirektion hatte versucht, den Skandal unter dem Deckel zu halten. Zwei Jahre lang verheimlichte Justizdirektorin Jacqueline Fehr (59) der Öffentlichkeit, dass wegen mutmasslicher Schlamperei bei der Computer-Entsorgung höchst sensible Daten in die Hände Dritter geraten sind. Die Ergebnisse einer Administrativuntersuchung, die man heimlich durchführte, blieben unter Verschluss. Erst dank Blick-Recherchen kam das Datenleck vergangene Woche ans Licht.

Nun muss sich Fehr erklären. Am Dienstagmorgen tritt die Regierungsrätin vor die Medien (Blick TV überträgt um 10 Uhr live). Macht sie nach dem medialen Druck endlich reinen Tisch?

Dokumente nicht mehr auffindbar

Am Freitag hatte die Justizdirektion eingeräumt, dass Computer der Justizdirektion vermutlich nicht richtig entsorgt worden seien. Der «Datensicherheitsvorfall» habe sich zwischen 2006 und 2012 zugetragen.

Am Dienstag bezieht die Zürcher Regierungsrätin Jacqueline Fehr erstmals persönlich Stellung zum Datenskandal.
Foto: Keystone
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Was genau damals geschah, ist schwer zu rekonstruieren. Die direkt involvierten Beamten bei der Justizdirektion sagen, dass es durchaus eine schriftliche Vereinbarung mit dem Mann gegeben habe, dem man die Computer zur Entsorgung anvertraute. Dieser habe auch unterzeichnen müssen, dass er die Festplatten korrekt löscht, bevor er sie weiterverkauft. Das Problem: Belegen lässt sich das nicht. Wichtige Dokumente sind nicht mehr auffindbar. Sie wurden angeblich entsorgt, wie aus Einvernahmen hervorgeht. Und dieses Mal offenbar so, dass sie wirklich weg sind.

Papier sollte weg

Der damalige Leiter der Abteilung «Digital Solutions» habe angeordnet, dass «wir aufräumen müssten und kein Papier mehr in Ordnern haben sollen», sagte die zuständige Sekretärin aus. Es könne nicht sein, dass eine Abteilung mit dem Namen «Digital Solutions» noch so viel in Papierform aufbewahre.

Daraufhin habe man eine grosse Menge Akten entsorgt – ohne sie vorher zu digitalisieren. Ihr sei lediglich gesagt worden, dass man Lieferscheine fünf Jahre lang behalten müsse, sagte die gelernte Papeterieverkäuferin. Der Rest könne geschreddert oder weggeworfen werden.

Damaliger IT-Chef wegen Korruption verurteilt

Der Chef, den die Sekretärin namentlich erwähnt, leitete von 2018 bis 2020 die IT-Abteilung der Justizdirektion. Die Entsorgungsaktion fand also erst vor wenigen Jahren statt – nicht lange bevor das Datenleck entdeckt wurde. Jacqueline Fehr war zu diesem Zeitpunkt bereits Vorsteherin des Justizdepartements.

Pikant am ganzen Datenskandal ist auch, dass eine der mutmasslich mitverantwortlichen Chefbeamten später in anderem Zusammenhang wegen Vorteilsnahme verurteilt wurde. In derselben Zeit, in der heikle Daten im Zürcher Milieu landeten, liess sich der Kantonsangestellte von einer IT-Firma auf Reisen einladen. Er will sich auf Anfrage von Blick nicht zum Datenskandal äussern.

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«Wir kamen uns manchmal vor wie im falschen Film.»
Insider, der Datenträger entsorgen sollte
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Wie leichtsinnig die Zürcher Justiz damals Festplatten mit sensiblen Daten darauf entsorgte, überraschte selbst die Männer, in deren Hände diese gelangten. «Wir kamen uns manchmal vor wie im falschen Film», sagte einer, der bei der Entsorgung ab und zu half. Es habe ihn mehrmals «sehr verwundert», dass die Computer der Justizdirektion die Daten nicht fachgerecht entsorgen liess. «Ich denke, dass man sich das Geld sparen wollte», mutmasste er in einer Einvernahme.

Inzwischen hat auch das Bundesamt für Polizei (Fedpol) Abklärungen wegen des Datenlecks eingeleitet. Man kläre ab, ob auch Fedpol-Daten an Drittpersonen gelangt sein könnten, und wenn ja, wie. Man stehe dazu in Kontakt mit den Zürcher Behörden, teilt das Amt auf Anfrage von Blick mit.

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