Wie viel Nato braucht die Schweiz?
Viola Amherd trifft Nato-General Stoltenberg in Brüssel

Verteidigungsministerin Amherd reiste für ein Sicherheits- und Verteidigungsforum nach Brüssel. Am Mittwoch wird sie Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg treffen. Dort dürfte sich die Bundesrätin zur Neutralität und dem Kriegsmaterialgesetz erklären müssen.
Publiziert: 19.03.2023 um 15:45 Uhr
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Aktualisiert: 22.03.2023 um 10:30 Uhr

Ein Treffen mit Stoltenberg, Generalsekretär des Verteidigungsbündnisses Nato, war ursprünglich für den November 2021 geplant gewesen, musste aber verschoben werden. Nach dem Gespräch am Mittwoch mit Stoltenberg wird die Bundesrätin dann im Nato-Rat erwartet.

Mit dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine dürfte das Treffen einen neuen Akzent erhalten haben. Eine Idee, um was es gehen könnte, gibt der im letzten September veröffentlichte Zusatzbericht zum Sicherheitspolitischen Bericht 2021.

Zusammenarbeit mit Nato

Die Kooperation der Schweiz mit dem Verteidigungsbündnis, die bereits seit 1996 existiert, sei bereits gut etabliert, «sie könnte auf dieser Basis weiterentwickelt werden oder auf eine qualitativ neue Stufe gehoben werden», heisst es darin.

Bereits heute arbeitet die Schweiz mit der Nato und Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg zusammen. Doch angesichts des Krieges in der Ukraine soll die Kooperation ausgeweitet werden.
Foto: IMAGO/TT
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Damit dürfte das von der Nato neu lancierte «Individuelle Partnerschafts- und Kooperationsprogramm» (ITPP) gemeint sein, mit dem die Nato ihre Zusammenarbeit mit ihren einzelnen Partnerstaaten weiterentwickeln und die Koordination flexibler gestalten möchte. Dazu laufen aktuell Gespräche zwischen der Schweiz und der Nato.

In dem Zusatzbericht heisst es dazu: «Das vergrössert den Gestaltungsspielraum und kommt der Schweiz entgegen. Sie kann auf bisherige, selbst gewählte Beschränkungen verzichten, ohne dabei die Neutralität zu verletzen.»

Zu prüfen ist laut dem Bericht etwa eine mögliche Beteiligung der Schweizer Armee an Nato-Übungen, die verstärkte Zusammenarbeit in den Bereichen Cyber, Bevölkerungsschutz und die «Resilienz kritischer Infrastrukturen und Dienstleistungen».

Schweizer befürworten Annäherung

Auch in der Schweizer Bevölkerung scheint sich das Bild des transatlantischen Verteidigungsbündnisses in letzter Zeit verändert zu haben. Im Januar 2023 hätten 55 Prozent einer Nato-Annäherung zugestimmt.

Zu diesem Schluss kommt die am vergangenen Donnerstag durch den Bund publizierte Studie «Sicherheit 2023» von der Militärakademie (MILAK) an der ETH Zürich und dem Center for Security Studies (CSS) der ETH Zürich. Damit befürworte «erstmals eine knappe Mehrheit der Schweizerinnen und Schweizer eine Annäherung an die Nato».

Ausserdem seien 53 Prozent der Meinung, die Neutralität lasse es zu, «dass die Schweiz die militärische Verteidigung zusammen mit der Nato plant», heisst es weiter. Ein Nato-Beitritt wird hingegen von der Mehrheit der Befragten abgelehnt: Nur ein Drittel äusserte sich für einen Beitritt.

Botschafterin vor Ort

Das von der EU organisierte Schuman-Forum fand am Montag und Dienstag im EU-Parlament in Brüssel statt. Vertreten wurde die Schweiz durch die Botschafterin Pälvi Pulli, Chefin Sicherheitspolitik VBS.

Angesichts der geopolitischen Lage sei die EU bereit, die Bereiche «Sicherheit und Stabilität zu stärken», heisst es im Programm des Forums. Die Kooperation mit Partnern sei ein Schlüsselelement.

So waren Ministerinnen und Minister aus allen fünf Kontinenten, Repräsentanten des Militärs, Vertreterinnen der Zivilgesellschaft, Vertreter von Think Tanks und mehr eingeladen.

Die Verteidigungsministerin Amherd selbst hatte vor kurzem vor Schweizer Offizieren gesagt, im Ausland werde nicht verstanden, dass die Schweiz andere Länder daran hindere, «die Ukraine mit dringend benötigten Waffen und Munition zu versorgen». Eine Bemerkung, die ihr Kritik einbrachte. (SDA/sie)

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