USA, EU, Russland
Welche Folgen die Wahlen in diesen Staaten für die Schweiz haben

Taiwan, Russland, die Ukraine, Indien, die USA, Venezuela, Mexiko: In all diesen Ländern finden 2024 entscheidende Wahlen statt. Die globale Geopolitik könnte dadurch auf den Kopf gestellt werden. Und auch die Schweiz betreffen.
Publiziert: 03.01.2024 um 12:45 Uhr
|
Aktualisiert: 03.01.2024 um 14:06 Uhr
Blick_Richard_Werly.png
Richard Werly

Taiwan, Russland, die Europäische Union, die Vereinigten Staaten, Indien, Indonesien, Mexiko – 2024 könnten Wahlen die Welt ins Schwanken bringen. Während über das Ergebnis in Moskau, wo Wladimir Putin (71) unangefochten regiert, kaum Zweifel aufkommen, könnten die europäischen Wahlresultate im Juni und diejenigen in den USA am 5. November Erdbeben auslösen.

Wer denkt, dass die Eidgenössischen Wahlen vom 22. Oktober die politische Landschaft der Schweiz der kommenden Jahre geprägt haben, der irrt. Die Wahlen im Rest der Welt werden womöglich einen viel grösseren Einfluss auf unser tägliches Leben haben. Blick erklärt, worum es geht und welche Folgen der Schweiz drohen.

Taiwan am 13. Januar 2024: Meerenge der Gefahren

Am 13. Januar werden die 19 Millionen Wahlberechtigte in Taiwan an die Urnen gehen, um den Nachfolger der derzeitigen Präsidentin Tsai Ing-wen (67) zu bestimmen, mit der Peking seit 2020 das Gespräch verweigert. Wer ist Favorit? Ihr derzeitiger Vizepräsident Lai Ching-te (64) tritt gegen den Kandidaten der Kuomintang an, der Partei des verstorbenen Diktators Tschiang Kai-schek (1887–1975), der 1949 vor der kommunistischen Revolution unter Mao Tse-tung (1893–1976) aus China geflohen war.

Am 5. November werden die Wähler in den USA an die Urnen gehen. Derzeit ist der ehemalige republikanische Präsident Donald Trump der grosse Favorit.
Foto: Getty Images
1/5

Für die ganze Welt stellt sich die Frage: Wie lange akzeptiert das nationalistische China unter Xi Jinping (70) die demokratische Herausforderung auf der Insel Taiwan noch, auf die es Anspruch erhebt? Das in letzter Zeit am häufigsten diskutierte Szenario ist nicht ein militärischer Angriff Chinas auf Taiwan, sondern eine Einkreisung und eine Seeblockade. Kommt es zu ernsthaften Spannungen, könnten diese Asien und die Welt in einen weiteren Krieg stürzen.

Auswirkungen für die Schweiz: vor allem wirtschaftlicher Art.

Russland im März 2024: Putin ist bereits wiedergewählt

Vom 15. bis 17. März werden die russischen Wähler über den neuen Präsidenten der Republik abstimmen. Sofern es nicht zu einer grossen Überraschung kommt, wird dieser Mann erneut Wladimir Putin heissen. Am 8. Dezember kündigte das derzeitige russische Staatsoberhaupt bei einem Empfang für Beamte hinter verschlossenen Türen an, dass er erneut kandidieren werde, «weil es keine andere Wahl gibt». Ein Satz in Form eines Wahlslogans, vor dem Hintergrund der Verlängerung des Krieges in der Ukraine, wo Wolodimir Selenski (45) seinerseits die Verschiebung der ursprünglich ebenfalls für März geplanten Präsidentschaftswahlen erwirkte. Wenn die Ukrainer nicht wählen und das Kriegsrecht fortbesteht, wird der ukrainische Präsident seinerseits beschuldigt, ein autoritäres Regime zu führen.

Auswirkungen für die Schweiz: Keine Aufhebung der Sanktionen gegen Moskau in Sicht.

EU vom 6. bis 9. Juni 2024: Wahlen der Wut

Die Wahlen zum Europäischen Parlament finden vom 6. bis 9. Juni in den 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union statt. Dabei werden die 720 Mitglieder des Europäischen Parlaments gewählt, die für fünf Jahre im Strassburger Parlament sitzen werden. Wahlen also, bei denen nichts auf dem Spiel steht, da sie nicht über eine Regierung entscheiden?

Mitnichten. Die von den Umfragen vorhergesagte populistisch-nationalistische Welle könnte die Situation grundlegend verändern. Die Wahl der EU-Spitze (Kommission, Rat und Europäische Zentralbank) liegt bei den Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten. Allerdings müssen sie dabei das Wahlergebnis berücksichtigen. Ausserdem braucht es im EU-Parlament auch Mehrheiten für die von der Kommission getroffenen Entscheide.

Auswirkungen für die Schweiz: Die Bilateralen III hängen davon ab.

Indien im April oder Mai 2024: Modi gegen die Demokratie

Im April oder Mai werden die 814 Millionen Wähler in Indien ihre Stimme abgeben. Es stellt sich nur eine Frage: Wird der derzeitige hindu-nationalistische Premierminister Narendra Modi (73) aus dem Duell zwischen seiner Partei BJP und der historischen Kongresspartei der Gandhi-Nehru-Familie als Sieger hervorgehen? Indien wird oft als die grösste Demokratie der Welt bezeichnet. Wird es das bleiben oder wird es sich zu einem zunehmend autoritären Regime entwickeln?

Auswirkungen auf die Schweiz: geringe direkte Auswirkungen.

USA am 5. November 2024: Trump vs. Biden

Dieses Duell ist angekündigt, jeder kennt die Protagonisten und ihre Waffen. Der ehemalige republikanische Präsident Donald Trump (77) ist bereits zum Sturm auf das Weisse Haus aufgebrochen. Aber wird er dem amtierenden Präsidenten Joe Biden (81) gefährlich werden können, da Staaten wie Colorado und Maine (zumindest bis jetzt) der Meinung sind, dass die Verantwortung für den Angriff auf den Kongress am 6. Januar 2020 ihn als Kandidaten disqualifiziert?

Es ist gar nicht nötig, die möglichen internationalen Folgen eines Sieges Trumps zu beschreiben, der die Europäer unter Druck setzen will. Es ist auch nicht nötig, zu sagen, wie beunruhigend eine neue Präsidentschaft Bidens angesichts des Alters des scheidenden Präsidenten wäre. Eine weitere Kandidatur der Demokraten, etwa von Vizepräsidentin Kamala Harris (59) oder des kalifornischen Gouverneurs Gavin Newsom (56) scheint derzeit ausgeschlossen.

Auswirkungen auf die Schweiz: Der Franken, der als sicherer Hafen gilt, wird unter Druck geraten.

Weitere Wahlen

Neben Indonesien (14. Februar), dem grössten muslimischen Land der Welt, wird 2024 auch in Mexiko (Juni) gewählt. Dort gewinnen die Drogenkartelle immer mehr an Bedeutung, doch vielleicht wird das Land seine erste Präsidentin stellen: Die ehemalige Bürgermeisterin von Mexiko-Stadt, Claudia Sheinbaum (64), kandidiert. In Venezuela (Wahl in der zweiten Jahreshälfte), ist der umstrittene Präsident Nicolás Maduro (61) wieder in eine starke Position gekommen, nachdem der Versuch des Westens, ihn zu marginalisieren, scheiterte.

Aber das ist noch nicht alles: Am 1. März finden im Iran Parlamentswahlen statt, bei denen Frauen, die für ihre Rechte kämpfen, immer stärker unterdrückt werden, und Anfang des Jahres werden die Wähler im Senegal am 25. Februar an die Urnen gehen, um den Nachfolger von Macky Sall (62) zu bestimmen.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?