Sie ist ehemalige Uni-Dozentin
Verschwörungs-Theoretikerin will in Freiburger Regierung

Michèle Courant hat bis vor Kurzem an der Universität Freiburg geforscht. Jetzt kandidiert sie für den Staatsrat – mit kruden Corona-Theorien.
Publiziert: 01.11.2021 um 14:25 Uhr
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Aktualisiert: 01.11.2021 um 15:59 Uhr
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Adrien Schnarrenberger

Die Gruppe hatte im Freiburger Regierungsrats-Wahlkampf kaum für Aufmerksamkeit gesorgt – bis die Plakate auftauchten: «Die Impfung digitalisiert uns, 5G ortet uns», steht auf den amateurhaft gestalteten Postern, die in Freiburg hängen. Darüber das Gesicht von Michèle Courant (63), die für die Liste «Direkte Demokratie, Spiritualität und Natur» für den Freiburger Staatsrat kandidiert.

«Pandemie der Angst»

Courant war bis vor Kurzem Dozentin und Forscherin am Departement für Informatik an der Uni Freiburg. Sie wolle «aufstehen und den Kurs ändern, den wir in den letzten anderthalb Jahren eingeschlagen haben», sagt die gebürtige Französin auf die Frage nach ihrer Motivation. Sie bezieht sich dabei auf die Corona-Politik des Bundesrats. Masken seien nutzlos, ebenso das Zertifikat. «Es handelt sich eher um eine Pandemie der Angst als um eine virale Pandemie», findet Courant. Sie ist der Überzeugung, die Panik habe das Immunsystem geschwächt und die Todesfälle verursacht. Die ehemalige Sympathisantin der Grünen ist Mitglied des Vereins Freunde der Verfassung, der die Corona-Massnahmen kritisiert.

Auf der Website der politischen Gruppierung finden sich zudem Anspielungen auf die Verschwörungs-Sekte QAnon, die beispielsweise die wirre Verschwörungstheorie verbreitet, dass prominente Politiker und andere Eliten Kinder töten und deren Blut trinken würden, um jung zu bleiben. Ebenso werden Warnungen vor 5G und Chemtrails, eine Art Kondensstreifen, verbreitet.

«Die Impfung digitalisiert uns, 5G ortet uns», steht auf dem Wahlplakat von Michèle Courant.
Foto: DR
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Interne Streitereien

Auf Nachfrage zu den QAnon-Verweisen auf der Homepage der Gruppierung sagt Courant, man solle der Seite keine Beachtung schenken. «Wir distanzieren uns von dieser Website und ihren Inhalte», sagt sie und gibt an, mit der dafür zuständigen Person im Streit zu liegen.

Wer hinter der Gruppierung steht, ist unklar. Courant sagt, sie sei von ihr kontaktiert worden und habe entschieden, zu kandidieren, weil sie deren Werte «voll und ganz» teile. Nebst Courant findet sich der Name einer weiteren Frau auf der Liste «Direkte Demokratie»: Nicole Ayer (55) aus La-Tour-de-Trème. Derzeit als Kellnerin tätig, hat sie lange bei Gemeindeverwaltungen gearbeitet. «Das oberste Ziel ist, die Macht dem Volk zurückzugeben», sagte sie Radio Freiburg.

Gerangel um drei Sitze

Im Freiburger Staatsrat werden drei der sieben Sitze frei. Georges Godel (Mitte), Maurice Ropraz (FDP) und die einzige Frau im Gremium, Anne-Claude Demierre (SP), treten zurück. Für die freien Sitze kandidieren 19 Frauen und Männer – Courant und Ayer dürften zu den Kandidatinnen mit den geringsten Wahlchancen gehören. Die SP tritt mit Nationalrätin Valérie Piller Carrard und Kantonalparteipräsidentin Alizée Rey an. Die CSP hat ebenfalls die Präsidentin der Kantonalpartei, Sophie Tritten, nominiert. Die SVP versucht mit einem Viererticket von kantonalen und kommunalen Parlamentariern den Sprung in die Freiburger Regierung.

Eine weitere Amtszeit anhängen wollen Jean-François Steiert (SP), aktueller Staatsratspräsident), Didier Castella (FDP), Olivier Curty (Mitte) und Jean-Pierre Siggen (Mitte).

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