Wahl-Sensation in Genf!
Pierre Maudet zurück in der Regierung

Und wieder ist er für eine Überraschung gut: Pierre Maudet, der über eine Reise-Affäre stolperte und verurteilt wurde, ist erneut in die Genfer Regierung gewählt worden.
Publiziert: 30.04.2023 um 13:12 Uhr
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Aktualisiert: 30.04.2023 um 17:15 Uhr

Der ehemalige Genfer Staatsrat Pierre Maudet (45) ist am Sonntag erneut in die Kantonsregierung gewählt worden. Der 2021 abgewählte Magistrat landete bei der Staatsratswahl am Sonntag auf dem sechsten Platz.

Maudet war – nach seinem Rausschmiss aus der Regierung und aus seiner ehemaligen Partei FDP – mit seiner neu gegründeten Bewegung «Freiheit und soziale Gerechtigkeit» erneut in die Politik eingestiegen. Die erste Überraschung gelang ihm Mitte März, als seine Bewegung aus dem Stand zehn Sitze im Kantonsparlament eroberte. Und nun folgt der zweite Streich: Maudet kehrt zurück in die Regierung.

FDP belegt Plätze 1 und 2

Die bisherige FDP-Magistratin Nathalie Fontanet (70'628 Stimmen) lag gemäss provisorischem Schlussresultat mit fast 12'000 Stimmen Vorsprung an der Spitze der zwölf Kandidatinnen und Kandidaten für die siebenköpfige Regierung. Ihre Parteikollegin Anne Hiltpold (58'487) landete auf dem zweiten Platz. Die FDP eroberte damit den Sitz zurück, den sie 2021 bei der Ersatzwahl aufgrund von Maudets Rücktritt an die Grünen verloren hatte.

Die bisherigen Staatsräte Thierry Apothéloz (SP) und Antonio Hodgers (Grüne) belegten mit 57'369 Stimmen beziehungsweise 52'950 Stimmen die Plätze drei und vier. Als Fünfte rettete Delphine Bachmann (51'379) den Sitz der Mitte. Sie legte im Vergleich zu ihrem Ergebnis im ersten Wahlgang, als sie auf dem neunten Platz gelegen hatte, eine schöne Aufholjagd hin.

Pierre Maudet ist wieder in den Genfer Staatsrat gewählt worden.
Foto: keystone-sda.ch
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Linke verliert Mehrheit

Die Sozialdemokratin Carole-Anne Kast landete mit 47'956 Stimmen auf dem siebten Platz. Sie schnappte sich den Sitz der bisherigen Grünen Fabienne Fischer (47'104), die 2021 in der Ersatzwahl Maudet besiegt hatte.

Damit verliert die Linke ihre Mehrheit in der Regierung. Der grosser Verlierer der Wahl ist die rechtspopulistische MCG, die ihren Regierungssitz des abtretenden Mauro Poggia nicht verteidigen konnte. Ihr Kandidat Philippe Morel fiel auf den neunten Platz zurück.

Heikle Ausgangslage

Für spannende Zeiten ist damit gesorgt: Denn Maudet muss nun wieder mit jenen regieren, die ihn 2020 aus dem Staatsrat geworfen haben, weil er mit seinem Verhalten und seinen Lügen das Vertrauensverhältnis untergraben habe.

Maudet war Ende Oktober 2020 nach einer Affäre um eine Luxusreise nach Abu Dhabi 2015 aus dem Staatsrat zurückgetreten. Laut einem Urteil des Bundesgerichts von Ende Oktober 2022 machte sich Maudet bei dieser Reise und dem Besuch des Formel-1-Grand-Prix der Vorteilsannahme schuldig.

«Kein Klub von Freunden»

Es wird nicht einfach werden, hier einen Neuanfang zu schaffen. Zumal die neuen Kräfteverhältnisse in der Genfer Regierung eine Integration Maudets eher erschweren: Voraussichtlich werden sich drei Bürgerliche und drei Linke gegenüberstehen und Maudet das Zünglein an der Waage spielen.

Und stand er schon als FDP-Staatsrat immer wieder für unkonventionelle Lösungsansätze, ist er mit «Freiheit und soziale Gerechtigkeit» noch schwieriger zu verorten: Zwar ist die Bewegung klar wirtschaftsfreundlich, aber sie setzt sich auch für eine kantonale Einheitskasse ein – ein klassisches linkes Anliegen. Maudet sagt denn auch selbst, dass das Links-rechts-Schema seiner Bewegung nicht gerecht werde.

Nach dem ersten Wahlgang gefragt, ob er Angst davor habe, seine alten Gspändli wieder zu treffen, sagte Maudet zu Blick: «Im Gegenteil, ich freue mich darauf. Denn dies ist kein Klub von Freunden, sondern der Ort, an dem über die wichtigsten Dinge unseres Kantons entschieden wird. Und die Konfrontation ist Teil dieses Entscheidungsprozesses. Anders als in der vergangenen Legislaturperiode hoffe ich, dass es an diesem Ort zu energischen Debatten kommen wird.» (sf)

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