Schmetterlinge vs Lebensmittel
Parlament streitet über Umweltschutz

Während drei Tagen diskutiert der Nationalrat diese Woche über die Biodiversitätsinitiative. SVP und Bauernverband sind dagegen. Sie sehen die Selbst- und Stromversorgung bedroht.
Publiziert: 19.09.2022 um 07:51 Uhr
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Aktualisiert: 21.09.2022 um 18:05 Uhr

Was ist wichtiger, wirkungsvoller Naturschutz oder sichere Versorgung mit Lebensmitteln und Energie? Über diese Frage wird sich der Nationalrat diese Woche ganze drei Tage lang streiten. Anlass ist die Biodiversitätsinitiative. Diese fordert, dass Pflanzen- und Tierarten, Landschaft und Baudenkmäler besser geschützt werden.

Denn in der Schweiz sind mehr als ein Drittel aller Tier- und Pflanzenarten gefährdet. Im Vergleich mit anderen Ländern der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) weist die Schweiz die höchste Anzahl bedrohter Arten auf.

17 Prozent der Schweiz sollen geschützt werden

Dass Handlungsbedarf besteht, findet auch der Bundesrat. Die Initiative geht ihm allerdings zu weit. Mit einem indirekten Gegenvorschlag will er aber «dafür sorgen, dass schweizweit genügend Schutzfläche geschaffen und vernetzt wird». Konkret sollen 17 Prozent der Fläche der Schweiz geschützt werden. Dies ist noch immer nicht viel, das langfristige Ziel der EU beträgt 30 Prozent.

Die Biodiversitätsinitiative will die Artenvielfalt fördern.
Foto: Getty Images
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Und dennoch hat die Umweltkommission des Nationalrats (Urek-N) den Vorschlag des Bundesrats abgeschwächt. So sollen Biodiversitätsgebiete trotz Schutz auch genutzt werden können – zum Beispiel für die Landwirtschaft oder die Produktion von Energie.

Bauernverband warnt

Denn, so fürchten bürgerliche Umweltpolitiker, das angestrebte Flächenziel zur Förderung der Biodiversität gefährde die Selbstversorgung. Eine Angst, die auch der Schweizer Bauernverband (SBV) teilt. «Die Landwirtschaft wird massiv betroffen sein», so die Bauernlobby. Sie will vom indirekten Gegenvorschlag nichts wissen und fordert, die Initiative einfach abzulehnen. In den Augen des SBV sollte man das ökologische Potenzial der bereits bestehenden Flächen optimal nutzen, anstatt noch mehr Öko-Flächen zu schaffen.

Auch die SVP lehnt den indirekten Gegenvorschlag ab. Die Partei sieht die sichere Stromversorgung bedroht. Und sie prangert an, dass die Landwirtschaft trotz intensiver Bemühungen im Bereich der Biodiversitätsförderung schon wieder von Verschärfungen betroffen sei.

SVP will mehr Selbstversorgung

Statt noch mehr Schmetterlinge zu zählen, müsse die Schweiz mehr unternehmen, um die Selbstversorgung zu sichern – bei der Energie und auch bei der Nahrungsmittelproduktion. So kündigten SVP-Nationalrätin Esther Friedli (45, SG) und ihr Ratskollege Marcel Dettling (41, SZ) im Blick eine Initiative an, die den Selbstversorgungsgrad der Schweiz auf mindestens 60 Prozent steigern will.

Biodiversitätsflächen gebe es schon genug. «Es braucht mehr Anbauflächen statt Brachflächen, Buntwiesen und Steinhaufen», so Friedli. Das sehen linksgrüne Umweltpolitiker anders – sie fordern, dass auch die Schweiz 30 Prozent ihrer Fläche unter Schutz stellen soll. Hitzige Diskussionen sind also vorprogrammiert. Kein Wunder, dauert die Debatte drei Tage.

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