Proviande gegen Agrar-Kritiker
Beef um staatlich subventionierte Fleischwerbung

Die «Schweizer Fleisch»-Werbung sei teilweise irreführend, so das Urteil der Lauterkeitskommission. Die Fleischbranche will das nicht auf sich sitzen lassen.
Publiziert: 16.04.2022 um 15:12 Uhr
Lea Hartmann

«Schweizer Fleisch. Der feine Unterschied.» Mit diesem Slogan versucht die Branchenorganisation Proviande der Bevölkerung schon seit Jahren Appetit auf Schweizer Koteletts, Rohschinken und Pouletbrüstli zu machen. Subventioniert wird die Fleischwerbung vom Bund – zur Absatzförderung der Schweizer Landwirtschaft.

Nicht nur Veganern ist das schon in den falschen Hals geraten. Auch Vision Landwirtschaft, eine Denkfabrik von Kritikern der heutigen Agrarpolitik, ist gegen die Werbung vorgegangen und hat bei der Schweizerischen Lauterkeitskommission Beschwerde gegen die Proviande-Werbung eingereicht. Die Kommission ist ein Selbstkontrollgremium der Werbebranche.

Vision Landwirtschaft kritisiert, dass das, was in der «Schweizer Fleisch»-Werbung gezeigt wird, fernab der Realität sei. Mehrere Aussagen auf der Kampagnenwebsite seien zudem irreführend.

Agrar-Kritiker protestieren gegen die «Schweizer Fleisch»-Werbung.
Foto: Proviande
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Kritiker bekommen teilweise recht

Die Kritiker haben nun teilweise recht bekommen. Die Aussage, dass 91,5 Prozent der Schweizer Rinder einheimisches Futter essen würden, sei tatsächlich irreführend, hält die Lauterkeitskommission im von Vision Landwirtschaft veröffentlichten Entscheid fest. Kritisiert worden war, dass die Branchenorganisation da alle Futtermittel – egal wie hoch der Energiegehalt – in den gleichen Topf werfe.

Ebenso ist es aus Sicht der Werbe-Aufsicht nicht in Ordnung, dass Proviande schreibt, der Selbstversorgungsgrad betrage beispielsweise beim Rindfleisch fast 84 Prozent – ohne klarzumachen, dass bei dieser Zahl auch importiertes Futtermittel mit eingerechnet ist. Ein feiner Unterschied. Aber ein wichtiger, findet die Kommission.

Werbespot ist nicht irreführend

Sie ruft Proviande auf, die erste Aussage zu korrigieren. Die Angaben zum Selbstversorgungsgrad hatte der Branchenverband indes schon vor Vorliegen des Entscheids korrigiert.

Im wichtigsten Punkt wurde die Beschwerde von Vision Landwirtschaft aber abgeschmettert: der Kritik an einem der Proviande-Werbespots. Die Organisation hatte bemängelt, dass in einem Spot fürs Schweizer Rindfleisch eine Rindermast gezeigt wird, wo die Rinder nur mit hofeigenem Futter ernährt werden. Es werde der Eindruck erweckt, als sei dies die Regel – in Tat und Wahrheit stelle das gerade bei Rindern aber die Ausnahme dar. Die Lauterkeitskommission sieht das anders.

Auf Twitter feiert Vision Landwirtschaft den Teilerfolg. Gleichzeitig regt sich der Verein aber auch auf. «Die Lauterkeitskommission geht davon aus, dass der durchschnittliche Konsument schon zwischen Werbung und Realität unterscheiden kann. Das ist einfach eine Annahme», kritisiert Felix Schläpfer von Vision Landwirtschaft. «Die Lauterkeitskommission scheint es aber nicht zu interessieren, wie Werbung tatsächlich auf Konsumenten wirkt.»

«Man ist nicht ehrlich genug»

Die Konsumentinnen und Konsumenten würden nicht gut über die Schweizer Landwirtschaft informiert – vor allem von den Branchenverbänden, aber auch vom Bund. «Man ist einfach nicht ehrlich genug.»

Proviande sieht dies natürlich anders. Die Branchenorganisation wirft der Kommission vor, dass ihre Begründung, weshalb die Aussage zum Anteil einheimischen Futters irreführend sei, schlichtweg falsch sei. «Wir werden zu diesem Punkt Rekurs einlegen», kündigt Marcel Portmann von Proviande an.

Der Beef um die Fleischwerbung ist also noch nicht zu Ende.

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