Oberster Gesundheitsdirektor Lukas Engelberger zu Zertifikatspflicht
«Ausweitung wäre gerechtfertigt»

Angesichts der Lage in den Spitälern wäre für den obersten Gesundheitsdirektor Lukas Engelberger der Zeitpunkt für eine Ausweitung der Zertifikatspflicht gekommen.
Publiziert: 03.09.2021 um 08:24 Uhr
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Aktualisiert: 03.09.2021 um 12:35 Uhr
Gianna Blum

Zum Glück ist die Anzahl Covid-Patienten in den Spitälern nicht mehr weitergestiegen. Aber sie ist immer noch hoch. Das ist für den Bundesrat der Grund, den Entscheid zu vertagen, das Zertifikat auch im Restaurant oder im Fitnesscenter zur Pflicht zu machen.

Lukas Engelberger (46), Basler Gesundheitsdirektor und Präsident der Gesundheitsdirektorenkonferenz, hätte es sich anders gewünscht. Er akzeptiere den bundesrätlichen Entscheid, sagt er gegenüber Blick. Doch die Meinung der Fachleute des Bundes, dass man noch zuwarten könne, teilt er nicht.

Darum gibt es noch keine ausgeweitete Zertifikatspflicht
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Bundesratssprecher erklärt:Darum gibt es noch keine ausgeweitete Zertifikatspflicht
Der Bundesrat – im Bild Gesundheitsminister Alain Berset – vertagt den Entscheid zur Ausweitung der Zertifikatspflicht.
Foto: Keystone
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«Zeitpunkt gekommen»

Aus seiner Sicht hätte die Landesregierung handeln müssen. «Persönlich bin ich der Ansicht, dass der Zeitpunkt für die Ausweitung der Zertifikatspflicht gekommen ist», so Engelberger. Die Situation auf den Intensivstationen rechtfertige das: «80 Prozent sind schweizweit ausgelastet, fast ein Drittel sind Covid-Patienten.»

Die Ausweitung des Geltungsbereichs muss jetzt passieren. Denn die Zertifikatspflicht könne keine Trendwende bringen, wenn die Eskalation schon da sei, hält Engelberger fest. «Diese Massnahme ist keine Notbremse, sondern wirkt eher stabilisierend.»

Kantone könnten selbst ran

Die Kantone könnten auch selbst aktiv werden. Basel-Stadt hatte sich die Option offengehalten, die Zertifikatspflicht kantonal auszuweiten. Als kleiner Stadtkanton wäre das natürlich schwierig, räumt Engelberger ein: «Wenn, dann müsste man regionale Lösungen finden.» Eine nationale Lösung sei aber klar sinnvoller.

Tatsächlich verzichten auch die Kantone, bei denen die Kapazitäten nahe am Limit sind, bislang auf eigene Regeln – sei es, weil keiner Lust hat vorzupreschen, sei es, weil man ohnehin noch mit einem Entscheid der Landesregierung rechnet. Bei Engelberger ist es Letzteres: «Ich wäre nicht überrascht, wenn der Entscheid nächste oder übernächste Woche fällt.»

Den Bundesrat direkt zum Handeln auffordern will der oberste Gesundheitsdirektor nicht. Doch er hält fest: «Bleibt die Auslastung in den Spitälern über das kommende Wochenende gleich oder steigt sogar, wäre aus meiner Sicht der letztmögliche Zeitpunkt gekommen, um die Zertifikatspflicht auszuweiten.» Denn dann sei klar, dass es sich nicht um eine vorübergehende Spitze handle.

Einreiseregeln verschärfen

Deutliche Ansprüche hat Engelberger im Hinblick auf die Herbstferien. Er plädiert dafür, dass sämtliche Einreisende einen Impf- oder Testnachweis vorweisen müssen, nicht nur Flugreisende. Zumindest stichprobenartig könne man das kontrollieren. «Ein zweites Mal sollten wir nicht in Kauf nehmen, dass Reisende einen Anstieg der Fälle verursachen.»

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