Nachhilfekurs beim Gebührensender
SRF-Journalisten lernen, «politisch objektiv» zu berichten

Ausgewogen, ohne politische Schlagseite: Das SRF bildet seine Mitarbeitenden in objektiver Berichterstattung weiter. Das sei keine Reaktion auf die Rügen der Ombudsstelle, betont der Sender.
Publiziert: 21.05.2023 um 14:00 Uhr

Das Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) gibt seinen Journalistinnen und Journalisten Nachhilfe in Sachen ausgewogener Berichterstattung. Wie die «SonntagsZeitung» schreibt, bietet SRF neu intern einen Kurs mit dem Titel «politisch objektiv berichten» an.

«Wir müssen täglich daran arbeiten, vorurteilsfrei und politisch objektiv zu berichten – keinen ‹Bias› in unserer Arbeit haben», zitiert die Zeitung aus der Kurs-Ausschreibung. Der publizistische Ausschuss habe die Idee zur Schulung gehabt. Geleitet wird das einstündige Webinar von Kommunikationswissenschaftler Marko Ković (38).

Rügen wegen unausgewogener Berichte

Das ist insofern eine spannende Wahl, weil Ković selbst sehr klar politisch Stellung bezieht – vorzugsweise via Twitter. Die «SonntagsZeitung» verweist darauf, dass er sich schon als «Sozialist» bezeichnet habe. Der Wissenschaftler teilt beispielsweise immer wieder gegen SVP-Nationalrat Roger Köppel (58) und seine «Weltwoche» aus. Aber: Er kritisiert auch linke Aktivistinnen und Aktivisten, die über Ostern die Autobahn vor dem Gotthardtunnel blockierten.

SRF-Berichte müssen ausgewogen sein, so verlangen es die Richtlinien. Auf dem Bild Moderatorin Florence Fischer.
Foto: SRF/Gian Vaitl
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SRF bestreitet, dass die Veranstaltung der Schulung im Kontext der Rügen gegen SRF-Berichterstattungen steht. So hat die Ombudsstelle vergangenes Jahr etwa einen Beitrag der «Rundschau» über den Kampfjet F-35 kritisiert: Er verfälsche die Meinungsbildung. Dieselbe Kritik übte die Ombudsstelle an einem Beitrag der Radiosendung «Echo der Zeit». In den meisten Fällen aber würden die Beschwerdeinstanzen zum Schluss kommen, dass SRF unabhängig berichtet, betont SRF-Personalchef Gerhard Bayard, der für den Kurs verantwortlich ist, gegenüber der «SonntagsZeitung».

SRF verteidigt Wahl von Kursleiter

«Dass wir unser Angebot selbstkritisch auf ‹blinde Flecken› überprüfen, gehört für uns zum Alltag», so Bayard. Darum die Schulung. Die Wahl des Kursleiters verteidigt er. «Marko Ković wird nicht als politischer Meinungsträger auftreten, sondern als Sprachwissenschaftler, der sich intensiv mit dem Thema Bias auseinandersetzt», sagt er. «Er ist sich aller Bias und Noises sehr bewusst und wird gerade deshalb ein spannendes Webinar liefern – als neutraler, analytischer Sprachwissenschaftler.» (lha)

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