Männer zahlen 20 Prozent mehr
Genf führt Frauen-Rabatt ein!

In Genf sollen Frauen für städtische Einrichtungen bald weniger Eintritt bezahlen als Männer. Rein symbolisch finden die einen, verfassungswidrig die anderen.
Publiziert: 12.02.2022 um 17:07 Uhr

Preisnachlass für die Frauen: In der Stadt Genf sollen sie in städtischen Einrichtungen – etwa im Schwimmbad oder im Theater – bald zwanzig Prozent weniger bezahlen als ihre männlichen Mitbürger. Das Genfer Stadtparlament hat in der Nacht auf Donnerstag nach hitzigen Debatten eine entsprechende Motion verabschiedet.

Die links-grüne Mehrheit der Gemeinderätinnen und Gemeinderäte will damit auf die noch immer bestehende Lohnschere zwischen den Geschlechtern hinweisen. Mit noch mehr Diskriminierung? Die Forderung spaltet die Gemüter.

«Idee entstand am Frauenstreik»

Zu den zentralen Köpfen hinter dem Vorstoss zählt Brigitte Studer (74). Sie sitzt für die Linksaussen-Partei Ensemble à Gauche im Genfer Stadtparlament. Gegenüber «SRF News» sagt sie: «Die Idee entstand am Frauenstreik 2019. So machen wir die Lohnungleichheit sichtbar.» Dabei handle es sich um eine rein symbolische Massnahme. Die Motion lasse der Stadtregierung den nötigen Spielraum zur Umsetzung.

In der Calvin-Stadt soll es für Frauen bald vergünstigte Eintritte zu städtischen Einrichtungen geben. Das Genfer Stadtparlament hat eine entsprechende Motion am Mittwoch verabschiedet.
Foto: Getty Images
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Dem widerspricht Staats- und Verfassungsrechtler Bernhard Waldmann (53) vehement. Er sagt: «Eine solche Regelung ist klar verfassungswidrig.» Auch die Stadt Genf müsse die Grundrechte der Bundesverfassung befolgen. Differenzierungen nach Geschlecht dürften nur vorgenommen werden, wenn triftige Gründe vorliegen würden.

Gemeinederätin Studer kontert, dass die Lohngleichheit, die auch in der Verfassung stehe, seit Jahrzehnten ebenfalls nicht eingehalten werde.

«Millionärin kann jetzt vergünstigt in die Oper»

Nebst Fragen zur Verfassungsmässigkeit werfen Politikerinnen auch Fragen zum Nutzen der Motion auf. Die Genfer SP-Nationalrätin Laurence Fehmann Rielle (66) sagt der «Schweiz am Wochenende»: «Was ist mit den Frauen, die im Prekariat leben und am Ende des Monats nicht genug Geld für Lebensmittel haben?» Die Genfer FDP-Gemeinderätin Michèle Roulet doppelt nach, die Millionärin könne jetzt vergünstigt in die Oper, während der Student weiterhin den vollen Preis bezahle.

In einem nächsten Schritt muss nun die Genfer Regierung dem Parlament einen Vorschlag zur Umsetzung der Motion unterbreiten. Wie das im Einklang mit der Bundesverfassung geschehen soll, ist bisher unklar. (ste)

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