Noch kein neuer Bundesanwalt in Sicht
«Wir müssen doch keinen Superman finden!»

Wer soll Ex-Bundesanwalt Michael Lauber beerben? Der Gerichtskommission des Parlaments ist keiner der Kandidatinnen und Kandidaten gut genug. Darum schreibt sie die Stelle jetzt zum dritten Mal aus.
Publiziert: 24.02.2021 um 14:10 Uhr
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Aktualisiert: 24.02.2021 um 19:20 Uhr
Lea Hartmann

Der Termin war bereits gesetzt: Am 17. März sollte das Parlament den Nachfolger oder die Nachfolgerin von Ex-Bundesanwalt Michael Lauber wählen.

Doch daraus wird nichts. Die Gerichtskommission des Parlaments konnte sich nicht auf eine Kandidatin oder einen Kandidaten einigen, den man guten Gewissens zur Wahl vorschlägt. Darum schreibe man die Stelle nun erneut aus, sagte Kommissionspräsident und FDP-Ständerat Andrea Caroni (40) heute an einer Medienorientierung. Zum dritten Mal.

Keiner überzeugte

Drei Kandidaten hatten es im zweiten Anlauf in die letzte Runde geschafft: Maria Antonella Bino (54), ehemalige Stellvertreterin Laubers, Lucienne Fauquex (61), Leiterin des Rechtsdiensts der Bundesanwaltschaft, und Félix Reinmann (50), Generalsekretär im Genfer Departement für Wirtschaftsförderung und zuvor viele Jahre Staatsanwalt des Bundes.

Die Suche nach einem neuen Bundesanwalt gestaltet sich schwierig. Die Gerichtskommission unter Präsident Andrea Caroni (FDP) hat entschieden, eine dritte Bewerbungsrunde zu starten.
Foto: keystone-sda.ch
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Die Gerichtskommission hörte die Kandidierenden zweimal an und liess sie schliesslich auch in einem externen Assessment durchleuchten. Eine Firma beurteilte unter anderem die Belastbarkeit, Integrität und Führungsstärke der Bewerber. Dabei sei bei einer Mehrheit der Kommission «nicht der Eindruck entstanden, dass jemand die sehr hohen Anforderungen allesamt genügend erfüllen würde», sagte Caroni.

«Das ist bedauerlich»

Gemäss BLICK-Informationen konnte sich die Kommission am Ende nicht zwischen den beiden Frauen entscheiden. Auch der Vorschlag, beide zur Wahl zu empfehlen, bekam keine Mehrheit. Bino habe das Assessment knapp bestanden, Fauquex und Reinmann nicht, heisst es.

Grünen-Nationalrätin Sibel Arslan (40) spricht von «Machtspielen» in der Kommission, die am Schluss zum Nicht-Entscheid führten. «Das ist bedauerlich. Wir hatten geeignete Kandidatinnen und Kandidaten», betont sie. Arslan hatte sich bereits im Vorfeld öffentlich für eine Frau als Nachfolgerin Laubers starkgemacht.

Wer will sich das antun?

Ursprünglich hätte eine Nachfolgerin oder ein Nachfolger Laubers bereits im Dezember gewählt werden sollen. Doch die Kandidaten, die sich in einer ersten Bewerbungsrunde gemeldet hatten, waren aus Sicht der Gerichtskommission allesamt nicht geeignet. Daraufhin begann man das ganze Prozedere noch einmal von vorne.

Und nun also die dritte Runde. Man werde an der nächsten Sitzung besprechen, was man noch tun könne und dürfe, um den oder die Richtige zu finden, sagte Caroni. Er gehe davon aus, dass diejenigen, die für das Amt in Frage kommen, wissen, dass die Stelle vakant ist. Die Frage sei: «Gibt es Instrumente, mit denen noch Leute gekitzelt werden könnten?» Laut Caroni ist die Kommission zu einem gewissen Grad auch selbst dafür verantwortlich, dass sich die Suche so schwierig gestaltet. Potenzielle Kandidierende würden sich die Frage stellen: «Will ich mir, kann ich mir, darf ich mir das antun?»

Nachfolger übernimmt eine Baustelle

Denn Lauber ist nicht der einzige, dessen Amtszeit im Fiasko endete. Carla del Ponte (74), Valentin Roschacher (60), Erwin Beyeler (69): Auch seine Vorgänger hatten sich in Skandale verwickelt.

Lauber waren mehrere Geheimtreffen mit Fifa-Boss Gianni Infantino (50) zum Verhängnis geworden, an die er sich teilweise partout nicht erinnern wollte. Nach einem vernichtenden Bericht der Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft leitete die Gerichtskommission ein Amtsenthebungsverfahren gegen Lauber ein.

Der Ex-Bundesanwalt hinterlässt seinem Nachfolger eine Baustelle. Er hat erfahrene Ermittler vergrault, wichtige Verfahren im einst so prestigeträchtigen Fifa-Komplex verjährten und die Schweiz wurde im Ausland als «Bananenrepublik» verspottet. Zudem prüft das Parlament derzeit, ob man die Behörde nicht komplett neu organisiert.

«Wir müssen doch keinen Superman finden!»

Dass man sich nun mit der Nachfolger-Suche so schwertue, habe auch damit zu tun, dass man als Land in Sachen Bundesanwälte etwas «gebrannt» sei, sagte Caroni. «Weil wir negative Erfahrungen gemacht haben mit den Bisherigen, wollen wir es jetzt wirklich richtig machen.» Der Ausserrhoder Ständerat gab sich zuversichtlich, dass man im dritten Anlauf jemanden findet. «Aller guter Dinge sind drei», meinte er. «Die Hoffnung ist gross, dass wir beim dritten Mal die hohe Hürde, die wir an das Amt stellen, überschreiten können.»

Hinter vorgehaltener Hand werden die hohen Ansprüche innerhalb der Kommission allerdings auch kritisiert. «Wir müssen doch keinen Superman oder Superwoman finden!», ärgert sich ein Mitglied. Insbesondere, da bereits jetzt absehbar sei, dass die Bundesanwaltschaft sowieso neu aufgestellt werden soll.

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