Kampf um die 13. AHV- Rente
Aktion mit Absender-Problem

Alt Bundesräte trommeln gegen die Initiative der Gewerkschaften. Das Manöver könnte zum Eigentor werden – alleine mit dem Teuerungsausgleich ihres Ruhegehalts erhalten sie Zustupf in der Höhe einer monatlichen AHV-Rente.
Publiziert: 11.02.2024 um 10:52 Uhr
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Aktualisiert: 11.02.2024 um 14:00 Uhr
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Reza RafiChefredaktor SonntagsBlick

Der 3. März rückt näher, die Nervosität nimmt zu – und dies mit gutem Grund: Die Gewerkschaften sind drauf und dran, mit ihrer Volksinitiative für eine 13. AHV-Rente die Sensation zu schaffen. So jedenfalls lassen es die Umfragen vermuten.

Kein Wunder, wirft das gegnerische Lager alles in die Schlacht, was nicht niet- und nagelfest ist. Der neueste Coup: Fünf alt Bundesräte warnen in einem vergangene Woche versandten Brief die Bevölkerung vor einer Annahme der Initiative. Dölf Ogi (81), Johann Schneider-Ammann (71), Doris Leuthard (60), Pascal Couchepin (81) und Joseph Deiss (78) nennen die Vorlage in ihrem Schreiben «brandgefährlich», denn sie gefährde die nachhaltige Finanzierung des Sozialwerks.

Geht die Warnung nach hinten los?

Zwar ist dieses Argument ernst zu nehmen. Allerdings könnte das Manöver der Ehemaligen auch zum Rohrkrepierer werden – und stattdessen brandgefährlich für das bürgerliche Nein-Komitee.

Beliebt – und im Abstimmmungskampf: Doris Leuthard und Johann Schneider-Ammann.
Foto: Keystone
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Die Politiker mögen ihre Verdienste haben; sie erfreuen sich noch immer grosser Beliebtheit im Volk. Doch pensionierte Magistraten mit einer jährlichen Bundesratsrente von 228'000 Franken sind ein denkbar schlechter Absender, um die Schweizer Büezerinnen und Büezer von einer Erhöhung der AHV-Renten abzuhalten.

Überdies gehört Schneider-Ammann einer Industriellenfamilie an, die es laut «Bilanz» auf 475 Millionen Franken Vermögen bringt. Dass der Freisinnige einst den Verzicht auf sein Ruhegehalt ankündigte und die Ammann Group 3000 Leuten einen Arbeitsplatz bietet, geht im Getöse unter.

Wie die Idee zu dieser Werbeaktion in den Sitzungszimmern des Nein-Lagers alle Hürden nehmen konnte, wird für immer ein Rätsel bleiben.

Blocher wurde für den Brief nicht angefragt

Doch das ist noch nicht das ganze Problem: Wie alle Bundesangestellten kommen auch die ehemaligen Bundesratsmitglieder dieses Jahr in den Genuss eines Teuerungsausgleichs von einem Prozent. Insgesamt macht das für Leuthard, Ogi und Co. zusätzlich je 2341 Franken aus – was fast dem AHV-Maximalbetrag von 2450 Franken entspricht.

Mit anderen Worten: Den Ex-Magistraten winkt allein durch den Teuerungsausgleich bereits ein Zustupf in der Höhe einer 13. AHV-Rente.

Wen wundert's, dass Gewerkschaftskreise diesen Fakt – den sie sich eigens von der Bundeskanzlei bestätigen liessen – mittlerweile genüsslich verbreiten.

Das ist Wasser auf die Mühlen der Initianten. Und für die breite bürgerliche Allianz, die gegen die 13. AHV-Rente antritt, eine weitere unnötige Angriffsfläche. Im Übrigen fehlt ein äusserst bekannter alt Bundesrat als Absender des erwähnten Briefs: SVP-Patron Christoph Blocher (83). Ihn haben die Strategen nicht angefragt, wie er auf seinem Web-Sender mitteilt. «Ich gehöre offenbar nicht zu den alt Bundesräten», sagte er. Den Brief findet er «nutzlos».

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