Jositsch kämpft, Pult witzelt
Die sechs SP-Bundesratskandidaten im Französisch-Check

Zum ersten Mal müssen sich die sechs SP-Bundesratskandidaten der Öffentlichkeit präsentieren. Ausgerechnet in Genf, wo die deutschsprachigen Kandidaten auch sprachlich gefordert werden.
Publiziert: 07.11.2023 um 00:07 Uhr
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Aktualisiert: 07.11.2023 um 08:11 Uhr
In vier Hearings zeigen sich die SP-Bundesratskandidaten der Öffentlichkeit.
Foto: keystone-sda.ch
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Den Kopf hält Daniel Jositsch (58, ZH) gesenkt, die Arme verschränkt. Eigentlich müsste der Zürcher kämpfen, hier in Genf, am ersten von vier öffentlichen Hearings der Kandidierenden für den frei werdenden SP-Bundesratssitz von Alain Berset (51).

Viermal treten Jositsch, Matthias Aebischer (56, BE), Jon Pult (39, GR), Roger Nordmann (50, VD), Evi Allemann (45, BE) und Beat Jans (59, BS) vors Publikum – das hauptsächlich aus SP-Sympathisanten besteht – um sich vorzustellen.

Jositsch kämpft um seinen Ruf

Jositsch muss nicht mehr vorgestellt werden. Gerade innerhalb der SP-Fraktion hat er vor gut einem Jahr viel Unterstützung verloren. Sein Ego-Trip bei der Nachfolge von alt Bundesrätin Simonetta Sommaruga (63) hat Spuren hinterlassen. In Genf bleibt er blass, scheint seine Wahlchancen in den Hemdsärmeln zu suchen.

«Ich habe deine Frage fast vergessen, weil ich sie überhört habe», sagt der Ständerat der Moderatorin Maria Bernasconi (68), die durch den Abend führt. Es sollte ein Witz sein. Aber es zeigt, dass Jositsch noch immer auf Entschuldigungstour ist nach seinem Fehler. Auch an diesem Abend wirft er noch einmal ein «mea culpa» in die Runde. Jositsch kämpft, aber zu Beginn der Veranstaltung vorerst noch um seinen Ruf.

Kämpferisch geben sich andere.

Es schlägt die Stunde des Bündners Jon Pult. Rhetorisch brillant – auch auf Französisch – erntet er im Laufe des Abends wiederholt Applaus und sorgt schon beim Eingangsstatement für Lacher.

Für Français fédéral reicht es

Eine aussergewöhnliche Rolle hat Beat Jans. Als Favorit gestartet, äusserten in den vergangenen Wochen insbesondere die Bauern ihre Zweifel. Der Basler Regierungspräsident zeigt sich gut vorbereitet, immer wieder sortiert er seine Handzettel und kann es kaum erwarten, bis ihm die ehemalige Nationalrätin und Moderatorin Maria Bernasconi (68) das Wort erteilt.

Zumindest fünf der sechs Kandidierenden müssen sich mit einer zusätzlichen Hürde herumschlagen: dem Französisch, das nicht ihre Muttersprache ist. Doch niemand fällt ab. Für Français fédéral – «Bundesfranzösisch» – reicht es bei allen. Gerade Deutschschweizer Politikerinnen und Politiker gehören zu den Meisterinnen und Meistern dieses Fachs.

Und bei einem spielt die Sprache eh keine Rolle: Der ehemalige Fraktionschef Roger Nordmann hat zumindest sprachlich ein Heimspiel. Auch wenn er aus Lausanne – «einem kleinen Städtchen am Genfersee» – in die Calvinstadt gereist ist.

So schnell wie der Zug die beiden Städte verbinde, so schnell spricht auch Nordmann. «Roger brevement», «Roger eine knappe Antwort». Moderatorin Bernasconi hat alle Hände voll zu tun, den Redefluss des Waadtländers zu stoppen, wenn er wahlweise über das Klima, die Credit-Suisse-PUK, die Beziehungen zur EU spricht oder über sonst etwas doziert.

Pult und Jans als Gewinner

Thematisch gibt es kaum Überraschungen. Im Grunde ist es wie immer an solchen Anlässen, wenn Politikerinnen und Politiker auf die Basis treffen: Auf der einen Seite das Publikum, das seine Heilserwartungen und Fragen an das Kandidierendenfeld formuliert: Wie weiter mit der EU? Wie die Halbierungs-Initiative verhindern, wie die Krankenkassenprämien senken?

Kaum ist die Veranstaltung zu Ende, hört man zwei Namen getuschelt: Pult und Jans. Jon Pult war mit Abstand am überzeugendsten, sagt eine junge Zuhörerin zu ihrer Begleitung. Und diese nickt überzeugt. Beat Jans habe seine Vision gut aufzeigen können, sagt ein anderer. Ob es auch reicht, um aufs Ticket zu kommen, wird sich in rund zwei Wochen zeigen. Und vielleicht findet Daniel Jositsch bis dann seinen Kampfgeist im Hemdsärmel.

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