Grünen-Nationalrat Wettstein will Russlands Wirtschaft schwächen
Schweiz soll Putin Fachkräfte abwerben

Mit einer Werbekampagne möchte Grünen-Nationalrat Felix Wettstein russische Spezialisten in die Schweiz locken. Doch der Bundesrat ist skeptisch.
Publiziert: 05.06.2023 um 12:36 Uhr
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Aktualisiert: 05.06.2023 um 16:06 Uhr
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Lea HartmannRedaktorin Politik

«Bauen Sie Ihre Zukunft in Deutschland auf!» Mit diesen Worten wirbt die deutsche Regierung seit knapp einem Jahr um Fachkräfte aus Russland. Das Ziel der Kampagne ist es, Russinnen und Russen ins Land zu locken, die wegen des Kriegs aus ihrer Heimat fliehen – weil sie nichts mehr zu tun haben wollen mit dem russischen Regime oder aus Angst, in die Armee eingezogen zu werden.

Was Deutschland längst tut, steht nun auch in der Schweiz zur Diskussion. Geht es nach dem Solothurner Nationalrat Felix Wettstein (65, Grüne), soll die Schweiz aktiv junge Fachkräfte aus Russland anwerben und damit den «Brain Drain» verstärken.

Hunderttausende Russen, teilweise ist die Rede von über einer Million Menschen, haben das Land seit Kriegsausbruch bereits verlassen. Darunter Berichten zufolge beispielsweise viele IT-Spezialisten. Indem die russische Wirtschaft geschwächt wird, wird die hiesige gestärkt, so die Idee.

Grünen-Nationalrat Felix Wettstein möchte Russen in die Schweiz locken.
Foto: Zvg
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Fachkräfte dringend gesucht

In der Fragestunde am Montagnachmittag wollte Wettstein vom Bundesrat wissen, was dieser davon hält. Was kann die Schweiz tun, um russischen Fachkräften zu helfen, aus dem Land zu kommen? Wie kann ihre berufliche Integration in der Schweiz gefördert werden?

Dem Solothurner schwebt vor, dass die Schweiz wie Deutschland eine Kampagne lanciert, die sich direkt an Russinnen und Russen richtet. Oder russischen Fachkräften den Zugang zu Einreisevisa erleichtert.

Bürgerliche dagegen

Die Regierung allerdings ist skeptisch. Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider (59) sagt, eine aktive Anwerbung russischer Arbeitskräfte sei «aktuell weder vorgesehen noch unmittelbar rechtlich umsetzbar». «Die Angebote der Integrationsförderung von Ausländerinnen und Ausländern mit Aufenthaltstitel in der Schweiz richten sich nach dem Bedarf der effektiven Personen und nicht nach deren Herkunft.»

Auch auf bürgerliche Seite hält man nichts von Wettsteins Idee. «Unsere Gesetze gelten für alle gleich», sagt FDP-Nationalrat und -Vizepräsident Andri Silberschidt (29). Für Russland gelte wie für alle anderen Drittstaaten das Kontingentsystem. Was heisst: Jemand muss nachweisen können, dass ein hohes wirtschaftliches Interesse an seiner Anstellung besteht.

«Sehr heikles Feld»

«Eine Ungleichbehandlung aufgrund der Herkunft würde Menschen aus anderen Drittstaaten diskriminieren», gibt Silberschmidt zu bedenken. Auch für die SVP kommen keine Ausnahmen infrage. Und Mitte-Nationalrätin Marianne Binder-Keller (64) findet: «Wenn wir bei der Aufnahme explizit und institutionalisiert eine bestimmte Gruppe bevorzugen, nämlich die gut gebildeten, begeben wir uns in ein sehr heikles Feld.»

Wettstein indes betont, er wolle nicht am Kontingentsystem rütteln. «Das spricht aber erst recht dafür, den ausreisewilligen jungen Menschen den Weg zu erleichtern. Sie bringen ja genau jene Fachkompetenzen mit, die bei uns so sehr gesucht sind, zum Beispiel in der Informatik.»

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