Geheimdienst–Posse um Luftkriegsführung
Vom Datenschatz bleibt nur noch eine Textdatei

2016 wechselten die Luftkriegsspezialisten des Nachrichtendienstes des Bundes zum Militärischen Nachrichtendienst. Auch ihre Datensammlung durften sie zügeln, doch nur noch als Textdatei. Das ärgert die Geschäftsprüfungsdelegation der eidgenössischen Räte.
Publiziert: 10.02.2018 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 22:55 Uhr
Ruedi Studer

Die Schweiz hat Glück, im Moment ist weit und breit kein militärischer Feind in Sicht. Denn in der Luftverteidigung klaffen breite Löcher. So zwingen Risse in F/A-18-Kampfjets Teile der Luftwaffe auf den Boden (BLICK berichtete). Doch auch die Luftkriegsführung ist geschwächt – durch eine Geheimdienst-Posse!

Per 2016 wechselten die Luftkriegsspezialisten des Nachrichtendienstes des Bundes (NDB) zum Militärischen Nachrichtendienst (MND). Zuvor hatten die Luftkriegsspione zehn Jahre lang einen Datenbestand aufgebaut.

Datenschatz über fremde Luftstreitkräfte

Dieser Datenschatz war in der NDB-Datenbank zum Bereich äussere Sicherheit (ISAS) in «vernetzter und strukturierter Form abgelegt worden», wie die Geschäftsprüfungsdelegation (GPDel) des Parlaments in ihrem Jahresbericht festhält. Die Sammlung beinhaltet etwa Informationen über fremde Luftstreitkräfte und ihre Waffensysteme.

Bundesrat Guy Parmelin wollte für den Datentransfer keine Übergangszeit von zwei bis drei Jahren gewähren, wie es die GPDel gefordert hatte.
Foto: KEYSTONE
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Das Problem: Mit dem im September 2017 in Kraft getretenen neuen Nachrichtendienstgesetz wurde der Zugriff der MND-Leute auf die ISAS-Datenbank des NDB gesperrt. 

Dabei hatte die GPDel schon Monate zuvor bei Bundesrat Guy Parmelin (58, SVP) interveniert. Um den Luftkriegsspezialisten den Datenzugriff zu garantieren, sollte eine Übergangsfrist von zwei bis drei Jahren angesetzt werden, in welcher der Datenbestand vollständig zum MND transferiert werden könnte.

Nur noch eine Textdatei

Verteidigungsminister Parmelin wollte davon offenbar nichts wissen. Der MND konnte seine ISAS-Daten zwar exportieren, aber «nur in Form einer Textdatei», wie die GPDel bemängelt. Damit gehen Strukturen und Verknüpfungen zu anderen Dokumenten verloren.

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Zwar seien alle Informationen im Grunde genommen noch vorhanden, sagt GPDel-Präsident und SP-Ständerat Claude Janiak (69, SP) dem BLICK. Doch mit den Textdateien sei nur noch eine Freitextsuche nach bestimmten Textkombinationen möglich. «Der Zugriff auf die Informationen und ihre Auswertung ist jedoch viel weniger effizient.»

Mit einer solchen Suche könne man etwa die Akten finden, in denen ein bestimmter Flugzeugtyp erwähnt werde, gibt Janiak ein Beispiel. «Wenn man wissen will, welche Luftwaffen diesen Typ fliegen, muss man eine solche Information wieder aus all den Akten von Hand zusammensuchen.»

VBS ist sich der Problematik bewusst

«Es sind keine Daten verloren gegangen im Sinn von gelöschten oder verschwundenen Dokumenten», betont NDB-Sprecherin Isabelle Graber. «Wenn jedoch die Zugriffsberechtigungen angepasst werden, kann es sein, dass Verknüpfungen zwischen einzelnen Dokumenten nicht mehr funktionieren.» Zu Janiaks Einschätzung in Sachen Qualitätsverlust will sie sich nicht weiter äussern.

Zurückhaltend zeigt sich auch VBS-Sprecher Renato Kalbermatten: «Das VBS ist sich der Problematik bewusst und der Chef VBS hat die notwendigen Massnahmen eingeleitet.» Um welche Massnahmen es sich dabei handelt, lässt Kalbermatten aber unbeantwortet.

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