Gegen Fangewalt
Kantone wollen personalisierte Tickets durchboxen

Die kantonalen Justizdirektoren wollen das Hooligan-Konkordat anpassen, um personalisierte Tickets auch gegen den Willen der Vereine einsetzen zu können.
Publiziert: 12.04.2024 um 14:30 Uhr
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Aktualisiert: 12.04.2024 um 19:35 Uhr

Die Kantone haben genug. Sie wollen die personalisierten Tickets in Schweizer Stadien einführen. Notfalls auch gegen den Willen der Fussballklubs. Diese könnten solche schon lange verkaufen, wollen es aber nicht. Nun wollen die kantonalen Justizdirektoren die Möglichkeit haben, den Vereinen personalisierte Tickets für Fussball- oder Eishockeyspiele zu diktieren.

Dafür brauche es eine Anpassung des Hooligan-Konkordats. «Die Arbeitsgruppe Bewilligungsbehörden hat sich gegenüber der Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren (KKJPD) einstimmig dafür ausgesprochen, dass eine solche Revision an die Hand genommen werden sollte», schreibt die KKJPD am Freitag in einer Medienmitteilung.

Die KKJPD komme zum Schluss, dass das personalisierte Ticket ein wichtiges zusätzliches Instrument bei der Einzeltäterverfolgung darstelle. Nun sollen sie erstmals einen Vorschlag erarbeiten. «Über die tatsächliche Einführung von personalisierten Tickets werden auch auf der Basis eines revidierten Konkordats schlussendlich die Bewilligungsbehörden entscheiden.»

Beim Zürcher Stadtderby im Oktober 2021 warfen FCZ-Fans rund 2000 Grad heisse Fackeln in den mit Fans des Stadtrivalen gefüllten Sektor.
Foto: geisser
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Eine Hintertür für den Verband und die Klubs wollen die Justizdirektoren aber offenlassen. Man sei jederzeit bereit, «neue Vorschläge zur Verhinderung von Gewalt zu diskutieren».

Auch Amherd ist für personalisierte Tickets

Die Diskussion um personalisierte Tickets dauert schon länger, vor allem beim Fussball. Nach erneuten Ausschreitungen beim Zürcher Stadtderby im Herbst 2021 drängte Sportministerin Viola Amherd (61) auf die Einführung von personalisierten Tickets. Doch lange passierte nichts. Und die Ausschreitungen gingen weiter.

Zum Beispiel nach dem Cup-Kracher zwischen Basel und YB im April 2023, als 100 vermummte Chaoten drei Securitys schwer verletzten. Oder mit der Randale zwischen Luzern- und St. Gallen-Fans zwei Monate später. Als Strafe sollten die Gästesektoren für die Begegnungen der beiden Mannschaften gesperrt bleiben. Doch die Luzerner Fans führten erst vor wenigen Wochen die St. Galler Polizei vor, indem sie trotzdem anreisten. Die Behörden mussten den Gästesektor schlussendlich trotzdem öffnen.

Liga und Klubs wehren sich weiter

Die Swiss Football League und die Clubs wehren sich weiterhin gegen die Massnahme der Kantone. «Für die SFL sind personalisierte Tickets nach wie vor keine taugliche Lösung für die Herausforderungen rund um Fussballspiele, da es gerade in den Stadien sehr wenige Gewaltvorfälle gibt», schreibt die Liga in einer Mitteilung. Daher sei die Massnahme weder zielführend noch wirksam. Im Gegenteil: Personalisierte Tickets würden einen hohen technischen und bürokratischen Aufwand verursachen und führten zu langen Wartezeiten für alle. 

Nun soll es also vorwärtsgehen mit den personalisierten Tickets, womit ein schwelender Konflikt weiter angeheizt wird. Im Kampf gegen die Fangewalt im Fussball soll ab nächster Saison nämlich auch ein von der KKJPD durchdachtes Kaskadenmodell mit vier Stufen für Sicherheit sorgen, das aber jetzt schon für rote Köpfe sorgt. Im Fall einer Sektorschliessung soll gleichzeitig der Ticketverkauf für das gesamte Stadion gestoppt werden. Das passiert jedoch gegen den Willen der Klubs und der Fussball-Liga. Sie erachten es in der Praxis als nicht zielführend, einseitig und unverhältnismässig. Es vermische Prävention und Repression.

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