Festplatten landeten im Milieu
Datenskandal betrifft auch Zürcher Sicherheitsdirektion

Neues Kapitel in der Zürcher Festplatten-Affäre: Nicht nur heikle Daten der Staatsanwaltschaft, sondern auch der Kantonspolizei sind im Zürcher Milieu gelandet.
Publiziert: 23.01.2023 um 13:17 Uhr
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Aktualisiert: 26.01.2023 um 14:41 Uhr

Über mehrere Jahre hat die Zürcher Justizdirektion Festplatten mit höchst sensiblen Daten stümperhaft entsorgt. Dadurch landeten psychiatrische Gutachten, Strafbefehle und Telefonverzeichnisse in den Händen eines Zürcher Milieubeizers, der damit versuchte, Staatsanwälte zu erpressen. Blick machte den Datenskandal Anfang Dezember publik.

Nun zeigt sich, dass nicht nur die Justizdirektion, sondern auch die Sicherheitsdirektion unter Regierungsrat Mario Fehr (64, parteilos) vom Leck betroffen ist. Dieser ist unter anderem die Kantonspolizei angegliedert.

In einer Einvernahme kurz vor Weihnachten soll Beizer Roland Gisler (58), gegen den ein Strafverfahren läuft, gesagt haben, er habe auch Harddisks der Polizei. Das berichtet jetzt der «Tages-Anzeiger».

Roland Gisler, ein vorbestrafter Milieubeizer, hat im Dezember weitere Unterlagen und Festplatten im Kantonsrat abgeliefert.
Foto: Lea Hartmann
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Rund 70 Festplatten

Gisler kam über seinen Bruder, der sich von etwa 2006 bis 2012 im Auftrag der Justizdirektion um die Entsorgung von Hunderten Festplatten kümmerte, an die heiklen Daten. Rund 70 Harddisks der Sicherheitsdirektion habe er erhalten, sagt Gislers Bruder.

Dieser erklärt, er habe die Festplatten der Sicherheitsdirektion entsorgt. Aber offenbar eben nicht alle. Die, die noch in seinem Besitz waren, hat er inzwischen wieder den Behörden übergeben.

Dass auch Daten der Sicherheitsdirektion in falsche Hände kamen, lässt sich laut «Tages-Anzeiger» damit erklären, dass die Polizei üblicherweise ganze Festplatten mit Akten und Ermittlungsergebnissen der Staatsanwaltschaft übergibt, wenn diese die Ermittlungen übernimmt. So gelangten die Daten von der Sicherheitsdirektion in die Justizdirektion.

Ausserdem kam es 2012 zu einer Reorganisation in der Zürcher Verwaltung: Für die Statthalterämter, von denen ebenfalls Daten rausgingen, war neu nicht mehr die Sicherheits-, sondern die Justizdirektion zuständig.

Die Sicherheitsdirektion betont auf Anfrage der Zeitung, nichts mit der unsachgemässen Entsorgung zu tun zu haben. Alle Harddisks, die in der Obhut beziehungsweise Verantwortung der Kantonspolizei gewesen seien, seien physisch vernichtet worden. «Bei deren Entsorgung gab es keinerlei Zusammenarbeit mit der Justizdirektion.»

Kommt es zur PUK?

Roland Gisler ist im Dezember erneut einvernommen worden, weil er in einer öffentlichkeitswirksamen Aktion einen Berg Akten und mehrere Festplatten beim Kantonsrat abgeliefert hatte. Es war weiteres Material, das er bei sich daheim gehortet hatte.

Nebst dem Strafverfahren gegen Gisler könnte die ganze Affäre auch ein politisches Nachspiel haben. Bürgerliche haben eine Parlamentarische Untersuchungskommission (PUK) gefordert, um den Skandal aufzuarbeiten.

Hintergrund ist, dass die heutige Justizdirektorin Jacqueline Fehr (59) die Öffentlichkeit und selbst die zuständige Geschäftsprüfungskommission (GPK) im Kantonsrat nicht über die Ergebnisse einer Administrativuntersuchung zum Vorfall informiert hatte. Fehr hat eingeräumt, dass es ein Fehler war, die GPK nicht vollumfänglich informiert zu haben. (lha)

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