Besorgte Genossen wollen Meyer und Wermuth auf die Finger schauen
Weniger Macht für neue SP-Chefs

Die Wahl von Cédric Wermuth und Mattea Meyer an die SP-Spitze ist unbestritten – aber nicht unumstritten: Eine Gruppe besorgter SP-Parlamentarier will dem neuen Führungsduo genau auf die Finger schauen.
Publiziert: 01.09.2020 um 19:52 Uhr
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Aktualisiert: 25.10.2020 um 21:42 Uhr
Ladina Triaca

Freie Bahn für Mattea Meyer (32) und Cédric Wermuth (34)! Heute um Mitternacht schliesst sich das Fenster für SP-Präsidiumskandidaturen. Doch niemand in der Partei mag sich dem Führungsduo ernsthaft entgegenstellen.

Nach dem Rückzug des Duos Mathias Reynard (32) und Priska Seiler Graf (52) hält einzig der Aussenseiter Martin Schwab (26) an seiner Kandidatur fest. Er wird am SP-Parteitag am 17. Oktober in Basel aber keine Chance haben.

Nicht alle freuen sich

Allzu enthusiastisch sollten Wermuth und Meyer dennoch nicht sein. Denn längst nicht alle Genossen jubeln den neuen SP-Chefs zu. So hat sich Mitte Juli die halbe SP-Fraktion – immerhin 24 National- und Ständeräte – in einem Brief an Meyer und Wermuth gewandt.

Sie haben gut lachen!
Foto: Keystone
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Ihre Angst: Die beiden könnten die SP mit ihren Anhängern kapern und auf einen stark linken und provokativen Kurs bringen. Unterzeichnet haben den Brief etwa die Nationalrätinnen Flavia Wasserfallen (41, BE) Franziska Roth (54, SO) und Matthias Aebischer (52, BE) sowie die beiden Ständeräte Eva Herzog (58, BS) und Daniel Jositsch (55, ZH).

Bendahan will SP-Vize werden

Gut ein Dutzend der Besorgten hat sich seit dem Schreiben zwei Mal mit Meyer und Wermuth getroffen. Das letzte Treffen am vergangenen Freitag sei «ehrlich konstruktiv» gewesen, heisst es von beiden Seiten. Und die Gespräche blieben nicht ohne Folgen, wie BLICK weiss.

So lanciert die Gruppe eine eigene Kandidatur für das Vizepräsidium. Der Waadtländer Nationalrat Samuel Bendahan (40) – einer der Drahtzieher hinter dem Brief – soll Meyer und Wermuth künftig auf die Finger schauen.

Grösseres Präsidium

Und damit nicht genug. Die Gruppe will das Präsidium um zwei Vizepräsidenten erweitern. Der Neuenburger SP-Nationalrat Baptiste Hurni (34) wird im Hinblick auf den Parteitag einen entsprechenden Antrag einreichen.

«Im Präsidium soll die Vielfalt der Partei mit Personen einfliessen, die sich gemeinsam für die Zukunft der SP einsetzen wollen», sagt SP-Nationalrätin Wasserfallen. Und: «Gruppendenken ist im Präsidium fehl am Platz.» Traditionellerweise ist im SP-Vizepräsidium beispielsweise ein Sitz für die Juso reserviert.

Kampf ums Vizepräsidium

Doch dieser wackelt heftig. Denn Stand heute haben neun SP-Politiker eine Kandidatur für das Vizepräsidium eingereicht – freie Sitze gibt es aber bloss fünf.

Unter den Kandidaten befinden sich die beiden bisherigen Vize-Präsidentinnen Barbara Gysi (56, SG) und Ada Marra (47, VD). Neu kandidieren die Zürcher Nationalräte Jacqueline Badran (58) und Angelo Barrile (44), der Bündner Jon Pult (35), der Tessiner Bruno Storni (66), Juso-Präsidentin Ronja Jansen (25) und die Co-Präsidentin der SP-Frauen, Martine Docourt (41).

Zu einer allfälligen Vergrösserung des Präsidiums wollten sich die neuen SP-Chefs Wermuth und Meyer am Dienstag nicht äussern.

Abmachungen auf Papier

Schliesslich traf die Gruppe mit Wermuth und Meyer auch inhaltliche Vereinbarungen, die primär die Vielfalt innerhalb der Partei und die Debattenkultur betreffen.

So legt die Gruppe Wert darauf, dass lokale SP-Politiker stärker einbezogen werden. Zudem soll ein «Ideen-Labor» geschaffen werden, das es auch einfachen Parteimitgliedern ermöglicht, Vorschläge einzubringen. Auch sogenannte Urabstimmungen, in denen sämtliche SP-Mitglieder befragt werden, sollen nach Wunsch der Pragmatiker öfter stattfinden.

Die Gruppe hat die Abmachungen schriftlich festgehalten. Das Papier soll ihnen als Legitimation dienen, später auf die Punkte zurückzukommen – und allenfalls Kritik an Cédric Wermuth und Mattea Meyer zu üben.

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