Beim Thema Abtreibungen und Mutterschaft
Blöchliger hat ihre Meinung geändert

Einst stellte sich SVP-Bundesratskandidatin Michèle Blöchliger gegen Abtreibungen – auch, nachdem das Volk diese legalisiert hatte. Auch gegen die Mutterschaftsversicherung sträubte sie sich. Heute schlägt sie andere Töne an.
Publiziert: 03.11.2022 um 16:50 Uhr
|
Aktualisiert: 03.11.2022 um 17:14 Uhr
Thomas Müller

Die Nidwaldner Regierungsrätin Michèle Blöchliger (55, SVP) wills wissen. Sie hat ihre Bundesratskandidatur trotz eines holprigen Starts nicht zurückgezogen. Sie ist bis jetzt die einzige weibliche SVP-Kandidatin, denn ausser Blöchliger fand sich in ihren Reihen keine weitere Frau mit Bundesratsambitionen.

Es wäre eine Premiere: Die SVP hatte bisher noch nie eine Bundesrätin. Auch deshalb wurde von verschiedenen Seiten – etwa vom ehemaligen Parteipräsidenten Toni Brunner (48) – die Kandidatur einer Frau befürwortet.

«Ich bin bereit für eine Kandidatur als Bundesrätin»
0:31
Blöchliger will nach Bern:«Ich bin bereit für eine Kandidatur als Bundesrätin»

Feminin ohne Feminismus

Frauenanliegen sind in der SVP ohnehin nicht gross gefragt. Unter anderem sorgte die Partei zuletzt mit zwei Initiativen für Aufsehen, die Abtreibungen strenger regulieren sollen. Eine will Abtreibungen nach der zwölften Woche ausnahmslos verbieten, die andere will den Frauen einen Tag Bedenkzeit vor einer Abtreibung vorschreiben.

Michèle Blöchliger ist die einzige SVP-Bundesratskandidatin. Und revidiert ihre Haltung zum Thema Abtreibungen.
Foto: URS FLUEELER
1/5

Auch Blöchliger, die Begründerin der Nidwaldner SVP-Sektion, hat bisher nicht mit feministischen Anliegen von sich Reden gemacht. Im Gegenteil: Nachdem 2002 die Fristenlösung eingeführt wurde – auch in Nidwalden betrug die Zustimmung mehr als 60 Prozent – setzte sich Blöchlinger im Kantonsparlament dafür ein, dass das Kantonsspital keine Abtreibungen durchführen muss.

Man solle «die christlichen Grundwerte nicht mit Füssen treten», sagte sie damals der «Nidwaldner Zeitung». Und überdies: Wolle eine Nidwaldnerin abtreiben, würde sie sich sowieso nicht ans örtliche Spital wenden.

«Unnötiger» Urlaub für Mütter

Auch als es 2004 um die Einführung der Mutterschaftsversicherung ging, fand sich Blöchliger, zusammen mit der ganzen SVP, auf der Seite der Gegner. Der bezahlte Mutterschaftsurlaub von 14 Wochen für Berufstätige sei unnötig, sagte sie damals. Das Volk war anderer Meinung.

Wer sich von Blöchliger eine feministischere Politik erhofft als von den Männern im Rennen, wird also enttäuscht. Die Regierungsrätin weicht kaum von der Parteilinie ab. Mit den alten Haltungen konfrontiert, reagiert sie jedoch mit Reflexion und demokratischem Esprit.

Reflektierende Regierungsrätin

«Seit damals sind zwei Jahrzehnte vergangen», sagt sie zu Blick. «Das ist eine sehr lange Zeit, in der man seine Positionen auch mal überdenken oder zu neuen Erkenntnissen kommen kann.»

Und das ist Blöchliger offenbar: Sie stehe seit der Abstimmung 2004 hinter der Mutterschaftsversicherung. «Diese Regelung ist nicht mehr wegzudenken.» Auch bei der Fristenlösung stellt sie sich hinter den damaligen Volksentscheid – zumal eine Abtreibung nach zwölf Wochen nur zulässig sei, wenn die physische oder psychische Gesundheit der Mutter gefährdet und das ärztlich begründet ist.

In Bezug auf die beiden SVP-Abtreibungs-Initiativen gibt sie sich diplomatisch: «Bei den beiden aktuellen Initiativen finde ich es gut, wenn sich die Bevölkerung dazu äussern kann. Das gehört zu einer Demokratie.» Sie sei aber eher skeptisch gegenüber den beiden Anliegen. Die heutige Regelung reiche aus.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?