«Weltwoche»-Verleger fährt seiner Partei an den Karren
Roger Köppel wettert gegen Toni Brunner

Er galt stets als Blocher-nah – und dennoch: Verleger Roger Köppel kritisiert das Verhalten der gesamten SVP bei der Nachfolge für Bundesrat Ueli Maurer. Und er wirft Christoph Blochers Ziehsohn Toni Brunner Befangenheit vor.
Publiziert: 10.10.2022 um 18:24 Uhr
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Aktualisiert: 10.10.2022 um 18:45 Uhr
Thomas Müller

SVP-Nationalrat Roger Köppel (57) ist unzufrieden mit seiner eigenen Partei. In seinem Videoformat «Weltwoche Daily» regt er sich lang und breit über ihr angebliches Versagen im Hinblick auf die Bundesratskandidatur auf.

«Diese Partei ist sich der Ernsthaftigkeit nicht bewusst, die diese Bundesratswahl hat», moniert der Zürcher Verleger. Es sei nicht einfach nur eine Schönwetter-Wahl, in der es darum gehe, eine neue Person in den Bundesrat zu hieven, die von allen leidlich gelitten werde. Auch gegen die Frauenquoten-Ansprüche, die der einstige SVP-Schweiz-Präsident Toni Brunner (48) erhoben hatte, und die Forderung, dass das nächste SVP-Mitglied im Bundesrat aus dem richtigen Kanton kommen solle, setzt sich der Publizist zur Wehr.

«Toni Brunner soll in den Bundesrat, aber er will nicht»
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«Schweiz ist im Krieg»

«Das ist komplette dekadente Oberflächlichkeit. Das ist doch nicht das Thema», wirft Köppel der SVP vor. Die Ersatzwahl nach dem Rücktritt Ueli Maurers (71) aus dem Bundesrat müsse genutzt werden. Und weiter: «Entscheidend ist, die Schweiz ist im Krieg. Die Schweiz hat in diesem Krieg ihre ewigen Grundsätze aufgegeben: die Neutralität.» Für den «Weltwoche»-Journalisten Köppel müsste dieses Thema die Berichterstattung um die Bundesratswahl dominieren.

Roger Köppel wettert auf «Weltwoche Daily» gegen die eigene Partei.
Foto: Screenshot Weltwoche
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Neu ist Letzteres für Köppel nicht. Er setzt sich vehement gegen Russland-Sanktionen ein und wird oft als Putin-Versteher betitelt.

Köppel zielt auf den Musterschüler

Neu ist jedoch, wer ins Kreuzfeuer seiner Tirade gerät: erstens eben Toni Brunner, der frühere Parteichef und Musterschüler von SVP-Doyen Christoph Blocher (81). Der Toggenburger Brunner hatte sich im Schweizer Fernsehen für mindestens eine Frau auf einem Zweierticket der SVP ausgesprochen.

Brunners Meinung hat nach wie vor Gewicht. Vor allem aber: Toni Brunner ist Teil der Findungskommission, die das Bundesrats-Kandidatenticket der SVP vorschlägt. Besonders pikant: Seiner Partnerin, Esther Friedli (45), die für die SVP im Nationalrat sitzt, werden Bundesratsambitionen nachgesagt.

Köppel dazu: «Sogar Toni Brunner in der Findungskommission für diese Bundesratskandidatur ist neben den Schuhen, ist im Schilf.» Dessen Aussage im Fernsehen bezeichnet Köppel gar als «Kapitalfehler», der der Glaubwürdigkeit von Brunner schade.

«Dekadentes Geschwätz»

Zweitens kritisiert Köppel aber auch die gesamte SVP: Der Publizist versteht die Welt nicht mehr. Seine SVP habe sich hier in «dieses dekadente Geschwätz um Nebensächlichkeiten» hineinziehen lassen.

Allein schon die Idee, dass das Geschlecht mehr als eine Zufälligkeit sein könnte auf einem SVP-Ticket, ist für den SVP-Hardliner vollends unverständlich: «Das ist nicht das Denken der SVP.» Die SVP brauche keine Frauenförderung. Die SVP-Frauen seien genug gut. Auf seiner Liste der tollen SVP-Frauen findet auch Brunners Lebenspartnerin Esther Friedli Einzug, wenn auch zögerlich – sie sei sicher eher auf etwas leiseren Sohlen unterwegs, relativiert Köppel.

Und er doppelt nach, Brunner sei «befangen» bei der Frauenfrage. Er vermutet, dass Brunner «einen Steilpass spielen will für seine eigene Lebenspartnerin». Zudem taxiert er die Debatte um Kantonsquoten als «irrwegig».

Um wen geht es?

Die SVP müsse die Bundesratswahl, die von grösster Aufmerksamkeit bedacht werde, wo die Medien hinhörten, wo die Schweizer hinhörten, benutzen, um ihre Botschaft nach vorne zu bringen. Nicht irgendwelche Personen. «Die sind irrelevant», so Köppel.

«SVP, bitte aufwachen. Hier gehts ums Eingemachte», appelliert der Journalist am Ende der Sendung an seine Partei. Man solle über die Sachen sprechen, nicht die Personen. Und wenn es die SVP nicht mache, dann mache wenigstens er es.

So ganz wird der Zuhörer den Eindruck nicht los, als ginge es Köppel dann doch nicht nur um die Sache, sondern um eine bestimmte Person, die sich besser eignen würde zum Bundesrat als alle anderen. Ganz zufällig um eine mit dem Namen Roger Köppel.

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