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Affäre um Genfer Staatsrat
Maudet gegen Gössi, jetzt wird schmutzig

Die Affäre um den Genfer Staatsrat Pierre Maudet spitzt sich zu. Die FDP Schweiz trifft sich heute, Mittwoch, zur Krisensitzung. Maudet weigert sich, dafür nach Bern zu reisen. Es droht ein hässlicher Scheidungskrieg zwischen Maudet und der nationalen Mutterpartei.
Publiziert: 28.11.2018 um 12:00 Uhr
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Aktualisiert: 28.11.2018 um 13:28 Uhr

Ein Name sorgt unter der Bundeshauskuppel derzeit für grosse Wut: Pierre Maudet (40). Erwähnt man den Namen des Genfer Staatsrats in der Wandelhalle, wirkt sogar FDP-Präsidentin Petra Gössi (42) – der man sonst zu jedem noch so umstrittenen Thema ein Lächeln abgewinnen kann – konsterniert.

Maudet? Nein. Dazu sage sie ganz sicher nichts, berichtet der «Tages-Anzeiger» heute. Vorausgegangen war ein E-Mail-Streit zwischen dem einstigen Bundesratskandidaten und der FDP Schweiz. Diese hatte ihn für heute in die Bundeshauptstadt zitiert.

Zwischen Maudet und der FDP Schweiz herrscht ein rauer Ton

Förmlich wird Maudet im Mail mit «Monsieur le conseiller d’Etat» angesprochen. Der Betreff: «Convocation du comité directeur le 28 novembre 2018.»

Die FDP-Spitze um Petra Gössi (42) hatte Maudet nach Bern zitiert.
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Am Tonfall der Mails lässt sich ablesen, wie tief das Zerwürfnis zwischen der FDP-Parteispitze und dem Genfer Staatsrat Pierre Maudet inzwischen ist. Man schreibt von einer «Vorladung» statt einer Einladung.

«Seine Affäre ist eine Affäre der FDP Schweiz» geworden, heisst es im Mail. Darum solle Maudet heute Nachmittag in Bern erscheinen, um der FDP-Spitze die Hintergründe seiner umstrittenen Reise nach Abu Dhabi zu erklären.

Doch dieser denkt nicht daran, bei Gössi anzutraben. Mit der Anrede «Cher Sami» – gemeint ist der FDP-Generalsekretär Samuel Lanz – «wie du sicher weisst, hält der Genfer Regierungsrat, wie die meisten Regierungen in der Schweiz, seine wöchentlichen Sitzungen jeweils am Mittwoch ab.»

Mutterpartei ist handlungsunfähig

Dieser Verpflichtung könne er nicht fernbleiben. Zudem ärgert es Maudet, dass er aus den Medien von seiner Vorladung habe erfahren müssen. Lanz schiebt in einem neuen Mail noch nach, man könne sich zeitlich nach ihm richten. Darauf geht Maudet nicht ein. Der Staatsrat spielt auf Zeit.

Krisenmodus bei der FDP! Bern diskutiert nicht mehr darüber, ob man Maudet loswerden will. Sondern nur noch, wie. Bereits im SonntagsBlick forderten namhafte Deutschschweizer Freisinnige Konsequenzen. Joachim Eder (67): «Die FDP muss die Reissleine ziehen und Pierre Maudet zum Rücktritt auffordern», so der Zuger Ständerat und ehema­lige Regierungsrat. «Der Schaden ist angerichtet. Das Verhalten Maudets ist für die Partei eine zunehmende Belastung.»

Doch die Mutterpartei ist handlungsunfähig. Die wahre Macht ruht bei der FDP in den Kantonen. Pierre Maudet kann nur von seiner Kantonalpartei ausgeschlossen werden. Diese ist aber unsicher, abgekämpft und zerstritten. Es fehlt die für einen Parteiausschluss erforderliche Zweidrittelmehrheit.

Zweimal traf sie sich letzte Woche zu frühmorgendlichen Krisensitzungen. Maudet verliess die erste vorzeitig durch die Hintertür. Bei der zweiten bäumte er sich vor dem Haupteingang auf. Sein Signal: Ich bin zurück auf der Kommandobrücke meiner Partei. Maudets Auftritt war eine Demütigung für den Präsidenten Alexandre de Senarclens (43) und alle anderen FDP-Genf-Mitglieder, die sich gegen Maudet stellen.

Maudet: «Schuldig habe ich mich nie gefühlt»

Maudet-Anhänger hatten ein Rettungsmanöver lanciert. Innert 48 Stunden schlossen sich 140 Parteimitglieder der Forderung an, eine ausserordentliche Generalversammlung abzuhalten. Für sie geht es nicht um die Lügen rund um die geschenkte Luxusreise nach Abu Dhabi, nicht um geheime Parteikassen. Maudets Loyalisten wollen ihren Helden vor einer Abrechnung in der Parteispitze schützen.

Das Aussitzen ist seine einzige Chance, sich im Amt zu halten. Tut er es bis zum 1. Juli 2019, wird ihm der Kanton Genf eine lebenslange Rente von rund 89'000 Franken jährlich ausrichten. Demissioniert er vorher, kriegt er einen einmaligen Fallschirm von 440'000 Franken.

FDP-Vizepräsident Andrea Caroni (38) hoffte gestern Abend noch, dass sich eine Eskalation vermeiden liesse. Man treffe Maudet auch spätabends, wenn es denn sein müsse. Doch Maudet denkt noch immer nicht daran. Grosse Krisen wie der Mord an der Soziotherapeutin Adeline Morel oder terroristische Bedrohungen habe er erlebt. «Ein Rücktritt wäre eine zu einfache Lösung. Ich gehe bis ans Ende», sagte Maudet im «Téléjournal» von RTS. Und er schiesst gegen die FDP Schweiz – diese respektiere weder den Föderalismus noch die Unschuldsvermutung. Und Maudet betont: «Schuldig habe ich mich nie gefühlt.» Ein hässlicher Scheidungskrieg droht. (vfc)

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