Ab 2025 droht Strom-Mangel
Sogar der ÖV könnte eingeschränkt werden

Der Schweiz könnte ab 2025 zu wenig Strom zur Verfügung stehen. Wirtschaftsminister Guy Parmelin ruft im Rahmen einer Kampagne Unternehmen auf, sich auf eine allfällige Strom-Mangellage vorzubereiten.
Publiziert: 17.10.2021 um 16:40 Uhr
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Aktualisiert: 17.10.2021 um 21:28 Uhr

Wird der Strom in den kommenden Jahren knapp? Möglich ist es. Insbesondere gegen Ende des Winters könnte es in einigen Jahren zu einer Mangellage kommen.

Der Bundesrat bereitet die Schweiz nun auf dieses Szenario vor. «Eine Strom-Mangellage ist neben der Pandemie die grösste Gefahr für die Versorgung der Schweiz», sagt Bundespräsident Guy Parmelin (61) in einem Video auf der Webseite der Organisation für Stromversorgung in ausserordentlichen Lagen (Ostral).

Grossverbraucher sollen sich vorbereiten

Mit Strom-Mangellage sei gemeint, dass wochen- oder gar monatelang zu wenig Strom zur Verfügung stehe, führte Parmelin im Video aus. «Das würde zum Beispiel bedeuten, dass Fabriken weniger produzieren könnten, Behörden und Dienstleistungsunternehmen wie Banken ihr Angebot verkleinern müssten oder vom Strom abhängige Transportmittel wie Bahnen oder Trams nur noch eingeschränkt fahren könnten.»

Im Winter könnte in der Schweiz der Strom knapp werden.
Foto: Keystone
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Die Ostral verschickt daher aktuell einen Informationsbrief an die rund 30'000 Strom-Grossverbraucher, wie die «NZZ am Sonntag» berichtete.
Darin werden die Betriebe mit einem Verbrauch von jährlich über 100 Megawattstunden Strom aufgefordert, sich auf eine mögliche Kontingentierung des Stroms vorzubereiten.

Stufenplan, um Netzabschaltung zu verhindern

Der Bundesrat kann in Mangellagen Vorschriften zum Stromverbrauch und zum Stromsparen machen. Zunächst gäbe es allerdings Aufrufe zum freiwilligen Sparen. «Bleibt die Situation aber schwierig, könnte es Verbrauchseinschränkungen geben», sagt Patrick Rötheli, Leiter Geschäftsstelle Energie des Bundesamtes für Wirtschaftliche Landesversorgung (BWL), auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Beispielsweise würden dann Saunas oder Skilifte stillgelegt.

Wenn auch Verzicht in der Freizeit zu wenig bewirkt, könnte als nächste Stufe der Strom für Grossverbraucher kontingentiert werden. «Diese Unternehmen werden deshalb aufgefordert, sich Gedanken zu machen, wie ein gewisser Prozentsatz an Strom eingespart und der Betrieb dennoch teilweise weiterlaufen könnte», so Rötheli.

Ziel des abgestuften Planes ist es laut Rötheli, in einer Strom-Mangellage «rollierende Netzabschaltungen so lange wie möglich zu verhindern». Diese würden dann alle Stromverbraucher treffen.

Schweiz ist auf Importe angewiesen

Grund für die Sorgen ist das fehlende Stromabkommen mit der EU. Denn gegen Ende des Winters ist die Schweiz auf Importe angewiesen. Gibt es nicht mindestens auf technischer Ebene Fortschritte, könnten wir ab 2025 ein Problem mit der Strom-Versorgungssicherheit bekommen. So steht es in einem von drei Szenarien in einem Bericht, den der Bundesrat am Mittwoch zur Kenntnis genommen hat.

Denn ab Ende 2025 müssen europäische Netzbetreiber 70 Prozent der für den grenzüberschreitenden Handel bedeutenden Kapazitäten für diesen freihalten. Diese 70-Prozent-Regel könnte die Importkapazitäten der Schweiz einschränken.

Stromabkommen seit 2018 auf Eis

Im Bericht wurde untersucht, welches die Folgen davon für die Schweiz sind, mit einem Stromabkommen, mit mindestens technischen Vereinbarungen mit den Nachbarländern oder beim Verzicht auf eine Zusammenarbeit mit der EU. Ohne die Kooperation würde die Lage spätestens im März kritisch, heisst es im Bericht.

Das Stromabkommen mit der EU liegt seit 2018 auf Eis. Dass der Bundesrat Ende Mai die Verhandlungen mit der EU über ein institutionelles Rahmenabkommen abbrach, dürfte die Chancen auf ein Abkommen nicht verbessert haben.

Mit einer Revision des Energie- und des Stromversorgungsgesetzes will der Bundesrat die Stromproduktion aus erneuerbaren Energien erhöhen. Die Botschaft hat er im Sommer dem Parlament übergeben. Darin enthalten ist auch eine verbesserte Stromversorgung im Winter.

(SDA/sf)

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