Dodo reist mit seinem Containerstudio nach Afrika
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Dort wird es ganz emotional:Dodo reist mit seinem Containerstudio nach Afrika

Musiker Dodo über seine Container-Reise, Mentalitäten und Meditation
«Zeitweise war ich pleite»

Dodo verwirklichte mit seiner Container-Reise durch Europa und Afrika einen Lebenstraum. Diesen bringt er nun auf die Leinwand und auf ein Album.
Publiziert: 30.12.2023 um 20:38 Uhr
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Michel ImhofTeamlead People

Von Basel über Rotterdam (Niederlande) nach Kapstadt (Südafrika), von dort nach Ghana und in die Elfenbeinküste: Der Schweizer Musiker Dodo (46) reiste sechs Monate lang durch Europa und Afrika, um an neuer Musik zu arbeiten, und hielt das Ganze in einem Dokumentarfilm fest. Mit dem Trip erfüllte sich der Sänger, der in Kenia zur Welt kam und in der Elfenbeinküste aufwuchs, einen Lebenswunsch. So singt er im Titelsong des neuen Albums «Yopougon – Way Back Home» folgende Zeilen: «En Teil vo mir isch immerno det.»

Dodo, was bedeutet Heimat für Sie?
Dodo:
Heimat ist ein Gefühl und kein Ort. 

Wo sind Sie zu Hause?
Meist dort, wo es gutes Essen und gute Musik gibt. Ich fühle mich mit der Schweiz sehr verbunden. Ich mag unsere Kultur, den Winter – und Fondue und Raclette. Ich finds aber auch toll, um 1 Uhr nachts in kurzen Hosen mit einem Bier am Strand zu sitzen. 

Musiker Dodo nimmt seine Fans mit auf seine Container-Reise von Basel nach Afrika. Nächste Woche erscheint eine Dokumentation und ein Album, die während dieses Trips entstanden sind.
Foto: Ella Mettler
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Wann vermissen Sie an Afrika am meisten?
Wenn es um Musik und Bewegung geht. Die Menschen, die ich aus Afrika kenne, haben eine unglaubliche Energie und tragen einen besonderen Vibe mit sich. Alles kommt direkt aus der Hüfte heraus, diese Unbeschwertheit vermisse ich hier. Vieles wirkt wie eingefroren, die Kälte macht uns steif.

Das ist ja das Klischee von Konzerten in der Schweiz, dass wir ein lahmes Publikum sind.
Das finde ich hingegen überhaupt nicht. Die Schweizer sind meiner Meinung nach ein gutes Publikum, singen die ganze Zeit mit und können wirklich Party machen. Zumindest ist es bei meinen Fans so. 

Davon konnten sich auch die Musikschaffenden ein Bild machen, die Sie in Afrika kennenlernten. Am Ende des Trips haben Sie sie nach Laax eingeladen.
Und das war ein wunderbarer Austausch. Ich wollte mich für die schönen Erfahrungen revanchieren, die ich bei und mit ihnen machen durfte. Also sind sie hierhergeflogen – und wir sind Schlitten gefahren und haben Fondue gegessen. Einige hatten noch nie in ihrem Leben Schnee gesehen. Beim Schlitteln war es drum einigen angst und bange. Und auch auf dem Sessellift.

Auf dem Sessellift?
Ja, wir hatten nicht alle Platz auf demselben Sessel, also ist Hermann von der Elfenbeinküste allein gefahren. Er wusste aber nicht, dass man den Sicherheitsbügel schliessen muss, und hatte der Höhe wegen Angst. Wir haben ihm immer zugeschrien, er solle den Bügel herunterziehen, doch es half nichts. Am Ende haben wir aber alle darüber gelacht. 

Menschen aus Afrika treffen aus Menschen aus der Schweiz. Sind das zwei komplett verschiedene Welten und Realitäten?
Natürlich sind es andere Kulturen, Mentalitäten und Wertvorstellungen. Das ist aber auch das Schöne: Wir denken immer, dass unsere westliche Realität die richtige ist. Aber das stimmt nicht immer. Es geht auch anders. 

Welches ist die wichtigste Erkenntnis Ihrer Reise?
Dass Träume in Erfüllung gehen, egal wie ausgefallen sie sind. Ich habe 2018 angefangen, diese Reise mit einem 13 Tonnen schweren Container zu skizzieren. 99 Prozent der Menschen, mit denen ich zusammenarbeiten wollte, erteilten mir eine Absage und dachten, ich sei verrückt. Ich wusste zeitweise nicht wie weiter, war sogar pleite. Trotzdem hat es geklappt. Ich will den Menschen damit zeigen: Wenn man seine Träume manifestiert, gehen sie in Erfüllung.

Mussten Sie Anpassungen vornehmen?
Sehr viele. 2018 wollte ich mit dem Container noch um die Welt touren, bis ich in der Elfenbeinküste lande. Brasilien, Suezkanal, Indien – überall wollte ich Musik machen. Danach sass ich mit den grössten Logistikunternehmen zusammen und diskutierte den Plan. Sie lachten.

Von «Expedition Robinson» zum Schweizer Hitmacher

Dominik Jud (46), wie Dodo mit bürgerlichem Namen heisst, kam in Kenia als Sohn Schweizer Eltern zur Welt und wuchs fünf Jahre in der Elfenbeinküste auf, danach in der Schweiz. Bekanntheit erlangte er 1999 mit seiner Teilnahme in der Realityshow «Expedition Robinson» und mit der Veröffentlichung seiner Debütsingle «Robinsong». Danach machte er sich als Musikinterpret («Hippie-Bus»), aber auch als Produzent von Acts wie Steff la Cheffe (36), James Gruntz (36) und Lo & Leduc einen Namen. 2021 nahm Dodo an der zweiten Staffel von «Sing meinen Song – Das Schweizer Tauschkonzert» teil, ab dem neuen Jahr führt er als Gastgeber durch die Sendung.

Dodo war 1999 Teilnehmer der damaligen TV3-Realityshow «Expedition Robinson».
Geri Born

Dominik Jud (46), wie Dodo mit bürgerlichem Namen heisst, kam in Kenia als Sohn Schweizer Eltern zur Welt und wuchs fünf Jahre in der Elfenbeinküste auf, danach in der Schweiz. Bekanntheit erlangte er 1999 mit seiner Teilnahme in der Realityshow «Expedition Robinson» und mit der Veröffentlichung seiner Debütsingle «Robinsong». Danach machte er sich als Musikinterpret («Hippie-Bus»), aber auch als Produzent von Acts wie Steff la Cheffe (36), James Gruntz (36) und Lo & Leduc einen Namen. 2021 nahm Dodo an der zweiten Staffel von «Sing meinen Song – Das Schweizer Tauschkonzert» teil, ab dem neuen Jahr führt er als Gastgeber durch die Sendung.

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Wieso?
In Brasilien beispielsweise braucht man sehr viel Geld, um den Container aus dem Hafen zu bringen. Die Gefahr, dass er irgendwo versandet, ist auch gross. Am Ende entschied ich, auf die für mich wichtigsten Stationen in Afrika zu setzen: In Südafrika drehte ich das Video zu «Hippie-Bus» und produzierte viele Alben, in Ghana produzieren sie tolle Afrobeats, und in der Elfenbeinküste ging ich auf die Suche nach meiner Vergangenheit. Auf vielen Erinnerungen meiner Kindheit lag eine Schicht Schnee, die durch meinen Besuch weggeschmolzen ist.

Was waren die grössten Herausforderungen?
Einerseits das Finanzielle. Das Projekt kostete eine halbe Million Franken. Andererseits die Logistik. Um den Container zu bewegen, hat es beispielsweise immer zwei Lastwagen gebraucht – einen mit einem Kran. Und schwierig war auch, die Motivation zu behalten. Ich habe täglich fünf Minuten meditiert und mein Ziel visualisiert. Das hat mich sehr geprägt. Ich bin dankbar für die Schwierigkeiten, die wir hatten.

Um das anzupacken, muss man auch mutig sein.
Ich hatte schon immer eine hohe Unsicherheitstoleranz. Man kann mich in die dümmste Situation bringen, trotzdem sehe ich das Gute noch – und einen Ausweg. Wie eine Kakerlake (lacht). Im Januar 2019 habe ich ein Seminar beim «Iceman» Wim Hof in Polen besucht. Er ist eine Art Guru und hat eine Atemtechnik entwickelt, mit der er Kälte lange aushalten kann. Eine Woche haben wir im Eis gebadet, am Ende sind wir nur mit Badehose und Wanderschuhen im Schneesturm auf den Mount Snezka gewandert. Ich konnte meine Finger am Ende nicht mehr bewegen, aber krank wurde niemand. Das war pure Angstüberwindung. Seither dusche ich jeden Morgen eiskalt. 

Wozu?
Es gibt mir Energie. Und wenn ich in einer schlechten Situation bin, erinnere ich mich an die kalte Dusche. Und denke: «Die überstehe ich ja auch täglich, dann gelingt mir das auch bei anderem.» Viele sagen mir oft, ich hätte Glück. Das stimmt – aber ich tu auch viel dafür.

Auch der Austausch mit den afrikanischen Musikschaffenden beflügelte Sie. Was können wir Schweizer von Menschen aus Afrika lernen?
Den Moment zu leben. Wir in Westeuropa sind geprägt von Ängsten. Wenn etwas nicht funktioniert, sind wir aufgeschmissen, dabei ist es meistens nicht schlimm. Diese Lockerheit würde vielen guttun.

Können Sie sich vorstellen, mit Ihrer Familie eines Tages in Afrika zu leben, wie früher mit Ihren Eltern?
Ich bin zwar zuerst Schweizer Mundartkünstler. Aber Afrika wird für mich immer wichtig bleiben. Und jetzt, wo ich dort musikalische Kontakte geknüpft habe, könnte ich mir das schon vorstellen. Ich war schon immer nomadisch unterwegs.

Was passiert jetzt mit Ihrem Container?
Aktuell steht er in der Lenzerheide. Darin ist jetzt ein Fonduestübli untergebracht. Und nächstes Jahr gehen wir damit auf Tournee.

«Yopougon – Way Back Home» ist ab dem 4. Januar in Schweizer Kinos zu sehen. Einen Tag später erscheint das gleichnamige Album von Dodo.  

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