Claudia Salinas unter Verdacht
Dieses Model soll Harvey Weinsteins Komplizin gewesen sein

Harvey Weinstein steht wieder vor Gericht. In Los Angeles muss der Hollywood-Produzent erneut wegen zahlreicher sexualisierter Angriffe auf Frauen verantworten. Jetzt aber steht eine vermeintliche Mittäterin vor der Jury.
Publiziert: 11.11.2022 um 00:10 Uhr

Harvey Weinstein (70) ist bereits zu 23 Jahren Haft verurteilt. Der gefallene Film-Produzent sitzt im Rollstuhl, ist seit dem Beginn seines ersten Prozesses sichtlich gealtert. Verurteilt wurde Weinstein in New York wegen mehreren Fällen der Vergewaltigung und des sexuellen Missbrauchs. Nun muss er sich in Los Angeles verantworten. Ihm drohen weitere 140 Jahre Haft.

Die Details, die dabei im Raum 101 des Gerichtes «Clara Shortridge Foltz Criminal Justice Center» enthüllt werden, sind verstörend und grausam. Die Frauen, die ihre Aussagen machen, seien allesamt in die Fänge Weinsteins und seines grausamen Systems aus Machtmissbrauch geraten.

War Claudia Salinas Weinsteins Komplizin

Alle, ausser einer, so scheint es. Das Model Claudia Salinas (39) trat am Mittwoch vor die Geschworenen. Sie lernte Harvey Weinstein 2002 kennen, als sie in Los Angeles Schauspiel studierte. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass Salinas Komplizin des Serientäters Weinstein war und mindestens eine junge Frau in seine Gewalt lockte. Eine Kollegin.

Nach der Verurteilung wegen mehrfacher Vergewaltigung und sexuellem Missbrauch in New York, steht Harvey Weinstein erneut vor Gericht.
Foto: keystone-sda.ch
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2012 lernten sich Claudia Salinas und die Schauspielerin Laura Young (29) sich kennen. Young ist Klägerin «Jane Doe #2» im aktuellen Prozess gegen Weinstein. 2013 habe ihre Bekannte sie in das Hotelbadezimmer Weinsteins gelockt. Dort sei die damals 20-Jährige von dem Produzenten sexuell missbraucht worden.

Weinstein habe sich vor ihr entblösst, sie begrapscht und vor ihr masturbiert. Während des Missbrauchs soll Salinas vor der Badezimmertür gewartet haben, im Wissen darum, was passiert.

«Würde mich erinnern, wenn ich in seiner Hotelsuite gelandet wäre»

Das Model bestreitet die Vorwürfe und behauptet, das Verhältnis zwischen ihr und Weinstein sei rein beruflicher Natur gewesen. Man habe sich 2003 während eines Dinners in New York kennengelernt und sei in Kontakt geblieben. Von da an sei Salinas regelmässig an Partys von Harvey Weinstein eingeladen gewesen und habe ihn rund zwanzigmal getroffen. Dabei sei es nie zu sexuellen Handlungen gekommen, versichert die gebürtige Mexikanerin. «Ich würde mich schon daran erinnern, wenn ich mit ihm alleine in einer Hotelsuite gelandet wäre. Aber ich erinnere mich an nichts dergleichen …», erwiderte die Zeugin den Staatsanwalt, als dieser nachfragte.

Darum geht es im Prozess

Es gibt elf Anklagepunkte, darunter Vergewaltigung und andere sexuelle Übergriffe. Es geht um Vorwürfe von fünf Frauen in einem Zeitraum von 2004 bis 2013. Ihre Namen wurden als «Jane Doe #1 - #5» umschrieben und anonymisiert. Die meisten Übergriffe sollen in Hotels in Beverly Hills stattgefunden haben.

Weinstein war im März 2020 in New York unter anderem wegen Vergewaltigung und sexueller Nötigung zu 23 Jahren Haft verurteilt worden. Die Jury glaubte den Zeugenaussagen mehrerer Frauen entgegen Weinsteins Unschuldsbeteuerungen. Dieser Prozess markierte einen Meilenstein der Rechtsgeschichte. Der Fall hatte die #MeToo-Bewegung massgeblich mitausgelöst. (SDA)

Eine Gerichts-Skizze von Harvey Weinstein bei der Verhandlung.
DUKAS

Es gibt elf Anklagepunkte, darunter Vergewaltigung und andere sexuelle Übergriffe. Es geht um Vorwürfe von fünf Frauen in einem Zeitraum von 2004 bis 2013. Ihre Namen wurden als «Jane Doe #1 - #5» umschrieben und anonymisiert. Die meisten Übergriffe sollen in Hotels in Beverly Hills stattgefunden haben.

Weinstein war im März 2020 in New York unter anderem wegen Vergewaltigung und sexueller Nötigung zu 23 Jahren Haft verurteilt worden. Die Jury glaubte den Zeugenaussagen mehrerer Frauen entgegen Weinsteins Unschuldsbeteuerungen. Dieser Prozess markierte einen Meilenstein der Rechtsgeschichte. Der Fall hatte die #MeToo-Bewegung massgeblich mitausgelöst. (SDA)

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Die «Bild» schreibt, dass Weinsteins Anwalt Paul Werksman und Richterin Lisa B. Lench darüber diskutierten, eine Zeugin vorzuladen, die beobachtet haben will, wie Salinas mit Weinstein Oralsex gehabt habe. Die Richterin entschied sich gegen die Vernehmung der Frau.

«Das ist eine nette Geste von mir»

Doch dieser liess nicht locker. «Wie oft haben sie Meetings mit anderen 20-Jährigen für Weinstein arrangiert», will Paul Thompson wissen. Claudia Selinas wird wütend und antwortet: «Ich habe noch nie Meetings für ihn arrangiert.»

Sie habe Lauren Young lediglich einen Gefallen tun wollen, als sie ihr Weinstein vorstellte. «Das war als angehende Schauspielerin eine gute Chance für sie. Sie war ein nettes Mädchen und ich dachte, das ist eine nette Geste von mir, ihr den Kontakt zu ermöglichen.»

«Waren Sie seine Zuhälterin?»

Staatsanwalt Thompson bohrt aber weiter nach und wird deutlicher: «War es Ihr Geschäftsmodell, Frauen für Herrn Weinstein zu beschaffen, die Sex mit ihm haben? Waren Sie als Zuhälterin für Herrn Weinstein tätig?» Salinas lässt sich nicht aus der Reserve locken und antwortet nur lächelnd: «Absolut nicht.»

In scheinbar weiser Voraussicht erschien das als Influencerin tätige Model mit ihrem eigenen Anwalt vor Gericht. Dieser wollte nervös wissen, ob Salinas angeklagt werden könne. Paul Thompson erklärte am Rande des Prozesses, dass sie vorerst nicht belangt werde, aber auch «keine Immunität geniesse». (grb)

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